Entsteht das Erfordernis von Bauteilöffnungen im Bereich des Sondereigentums zur Prüfung der energetischen Gebäudesubstanz bezüglich etwaiger nach GEG erforderlicher Maßnahmen und insbesondere deren Durchführung, besteht für den betroffenen Wohnungseigentümer bzw. den betroffenen Wohnungsnutzer eine Duldungspflicht gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern. Da die Nachrüstpflichten nach dem GEG allerdings überwiegend von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erfüllt werden, spielen in diesem Zusammenhang Duldungspflichten gegenüber anderen Wohnungseigentümern keine Rolle. Die Duldungspflicht besteht selbstverständlich auch im Zuge eines etwa erforderlich werdenden Heizkörperaustauschs und Arbeiten an Leitungen im Zuge der Umsetzung der 65 %-EE-Vorgabe des § 71 Abs. 1 WEG.

2.1 Wohnungseigentümer

Nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, wenn ihm hierdurch kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Geht die Einwirkung über das zumutbare Maß hinaus, verleiht § 14 Abs. 3 WEG dem Wohnungseigentümer einen Anspruch auf angemessenen Geldausgleich. Praktisch bedeutsam ist die Norm insbesondere im Zusammenhang mit dem Erfordernis der nachträglichen Dämmung oberster Geschossdecken und im Zuge von erforderlichen Maßnahmen im Sondereigentum, die zur Umsetzung der Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG erforderlich sind.

Soweit eine Dämmung über den Dachraum nicht möglich ist, hat der betroffene Wohnungseigentümer Eingriffe in die Wohnungsdecke zu dulden. Weiter soll er auch zur Duldung von Maßnahmen verpflichtet sein, die betroffene Räume in einen dauerhaft nachteiligen Zustand, etwa durch einen Verlust an Raumhöhe, versetzen.[1] Praktisch bedeutsam kann auch das Erfordernis des Betretens von Sondereigentum etwa zur Aufbringung eines Wärmedämmverbundsystems sein. Auch dies hat der betroffene Wohnungseigentümer zu dulden. Entsprechendes gilt für die mit einem Sondernutzungsrecht belegten Gebäudeteile oder Gemeinschaftsflächen.[2]

Mit Blick auf Ausgleichsansprüche nach § 14 Abs. 3 WEG ist nicht entscheidend, dass der Schaden durch die Benutzung des Sondereigentums im Zuge von Erhaltungsmaßnahmen entstanden ist. Ersatzfähig sind vielmehr grundsätzlich Beeinträchtigungen aufgrund von Einwirkungen, die das zumutbare Maß überschreiten.

[1] J.-H. Schmidt, ZWE 2015, 309.
[2] AG Bremen-Blumenthal, Urteil v. 14.3.2018, 44 C 2010/17, ZMR 2018, 704.

2.2 Drittnutzer

2.2.1 Personenkreis

Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat nach § 15 Nr. 1 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern u. a. die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu dulden. Da nach öffentlichem Recht erforderliche Baumaßnahmen Erhaltungsmaßnahmen i. S. v. § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG darstellen,[1] besteht also eine generelle Duldungspflicht des Drittnutzers. Zu dulden sind nach § 15 Nr. 2 WEG aber auch über die Erhaltung hinausgehende Maßnahmen, also solche der baulichen Veränderung.

Zum Kreis der Drittnutzer gehören

  • Mieter,
  • dinglich Wohnungsberechtigte,
  • Nießbraucher und
  • alle sonstigen Nutzer, denen das Wohnungseigentum überlassen wurde.[2]
 

Keine Beschränkung nur auf Wohnungseigentum

§ 15 WEG stellt auf den Nutzer von Wohnungseigentum ab. Insoweit ist die Bestimmung ihrem Wortlaut nach aber nicht nur beschränkt auf den Mieter von Wohnraum, sondern bezieht sich über § 1 Abs. 6 WEG auch auf Nutzer von Teileigentum, also etwa den Geschäftsraummieter. Wie nämlich vorerwähnte Bestimmung zum Ausdruck bringt, gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend für das Teileigentum.

Duldungspflicht "anderen" gegenüber

Die Duldungspflicht besteht nicht gegenüber dem Wohnungseigentümer, von dem der Drittnutzer sein Gebrauchsrecht ableitet.

 
Praxis-Beispiel

Vermietete Eigentumswohnung

Der vermietende Wohnungseigentümer möchte in der an den Mieter vermieteten Wohnung bestimmte Erhaltungsmaßnahmen durchführen. Hier ist nicht § 15 WEG einschlägig, da über den Mietvertrag bereits die Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter nach §§ 555a ff. BGB bei Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen gelten.

Entsprechendes würde auch beim Nießbrauch nach § 1044 BGB gelten. Im Verhältnis zwischen überlassendem Wohnungseigentümer und Drittnutzer hat § 15 WEG nämlich nicht die Funktion, die Rechte des überlassenden Wohnungseigentümers aus dem Rechtsverhältnis zu modifizieren, das der Überlassung zugrunde liegt. Dies ist auch nicht erforderlich, weil der überlassende Wohnungseigentümer auf die Gestaltung dieses Rechtsverhältnisses Einfluss nehmen kann.

[2] BT-Drs. 19/18791, S. 54.

2.2.2 Ankündigungspflicht

Die Ankündigungspflicht trifft denjenigen, der eine Maßnahme durchführen will. Sie kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer treffen, dann hat der Verwal...

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