Das Gemeinschaftsverhältnis birgt Treuepflichten der Wohnungseigentümer untereinander. So kann ein Begehren auf Abtrennen einer Kabelempfangsanlage vom Allgemeinstrom auch dann treuwidrig sein, wenn lediglich eine Wohnung durch die Kabelempfangsanlage versorgt wird, die anderen Wohnungen aber ebenfalls über eine Anschlussmöglichkeit verfügen.[1]

Die zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft bestehende Treue- und Rücksichtnahmepflicht begründet auch eine Rücksichtnahmepflicht des einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft. Vor Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 oblag die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums noch den Wohnungseigentümern und nicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Hatte diese Handwerker im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums beauftragt, wurden die beauftragten Handwerker nicht als Erfüllungsgehilfen der Gemeinschaft angesehen. Vielmehr wurden die mit ihnen abgeschlossenen Verträge als solche mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer angesehen. Ein geschädigter Miteigentümer war demnach verpflichtet, vorrangig den von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten Handwerker in Anspruch zu nehmen, wenn nicht besondere Umstände vorlagen, die ausnahmsweise eine Inanspruchnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtfertigten.[2]

Führte etwa ein von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragtes Unternehmen Sanierungsarbeiten durch, in deren Verlauf es zum Eintritt von Wasser und dadurch verursachten Schäden an Tapeten und Fußböden in der Wohnung eines Wohnungseigentümers kam, hatte der geschädigte Wohnungseigentümer zunächst das schadensverursachende Unternehmen in Anspruch zu nehmen und nicht die Gemeinschaft.

Seit Inkrafttreten des WEMoG ist bereits höchst umstritten, ob es sich beim Verwaltervertrag um einen solchen mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer handelt. Seitens der Rechtsprechung wurde dies bereits verneint.[3] Für Verträge mit außenstehenden Dritten kann dann aber auch nichts anderes gelten. Allerdings bleibt hier die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten, da entsprechendes zumindest nach Auffassung des Gesetzgebers nicht ausgeschlossen scheint.[4]

 
Wichtig

Stets Gleichbehandlungsgrundsatz beachten

Wird im Übrigen ein Rückbauanspruch gegen einen Wohnungseigentümer geltend gemacht, kann die Klage treuwidrig sein, wenn nicht auch gegen andere Wohnungseigentümer vorgegangen wird, die gleichartige bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum vorgenommen haben.[5] Der aus dem Treueverhältnis folgende Gleichbehandlungsgrundsatz lässt Differenzierungen nur zu, wenn dafür ein ausreichender Sachgrund besteht[6]

Im Übrigen ist auch das Fairnessgebot zu beachten. Ist jedenfalls ein Rechtsanwalt im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung anwesend, der gegen die Interessen eines einzelnen Wohnungseigentümers tätig wird, so wird man dem Eigentümer, gegen den die Beratung gerichtet ist, die Begleitung durch einen eigenen Rechtsanwalt zugestehen müssen. Es verstößt jedenfalls gegen das Fairnessgebot und das gemeinschaftliche Rücksichtnahmegebot, wenn nur eine Seite anwaltlich beraten wird.[7]

[1] AG Recklinghausen, Urteil v. 5.4.2016, 90 C 74/15.
[2] LG Stuttgart, Urteil v. 11.5.2016, 10 S 2/16.
[4] Vgl. BT-Drs. 19/22634 S. 47 zum Verwaltervertrag.
[7] AG Schöneberg, Urteil v. 17.3.2016, 771 C 64/15.

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