Leitsatz

Wohngeldansprüche der teilrechtsfähigen Gemeinschaft können mangels schutzwürdiger Eigeninteressen nicht mehr durch den Verwalter in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemacht werden

 

Normenkette

§ 27 WEG; § 51 Abs. 1 ZPO

 

Kommentar

  1. Vor Anerkennung der Gemeinschaft als (teil-)rechtsfähiges Rechtssubjekt konnten der Gemeinschaft als Verband weder Rechte kraft Gesetzes zustehen noch Ansprüche der Eigentümer auf die Gemeinschaft zur Rechtsausübung übertragen werden. Es bestand daher sowohl im Interesse der Eigentümer als auch dem eines Schuldners erhebliches praktisches Bedürfnis, Ansprüche der Eigentümer über das Rechtsinstitut der gewillkürten Verfahrensstandschaft zu bündeln. Vor diesem Hintergrund wurde das neben einer hierfür notwendigen Ermächtigung erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse eines Verwalters aus dessen Pflicht hergeleitet, die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß und reibungslos zu erfüllen. Ob an dieser Möglichkeit auch heute noch im Anschluss an § 10 Abs. 6 WEG festzuhalten ist, wurde bisher in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt; die Frage wurde nunmehr vom Senat verneint.
  2. Nach neuem Recht ist nunmehr die Gemeinschaft selbst rechts- und parteifähig und damit auch ohne Weiteres selbst in der Lage, als Kläger fällige Wohngeldansprüche gerichtlich durchzusetzen, sodass das Bedürfnis für ein Tätigwerden des Verwalters in eigenem Namen entfallen ist (auch aus Gründen einer Erleichterung der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums im Rechtsverkehr). Ungeachtet dessen hat der Verwalter nach wie vor für eine effektive Anspruchsdurchsetzung Sorge zu tragen. Damit haben sich Pflichten des Verwalters als handelndes Organ für die Gemeinschaft verschoben. Als die Gemeinschaft repräsentierendes Organ ist dieser verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Verband seine Rechte selbst durchsetzt; von ihm ist nur noch ein Handeln für den Verband gefordert (zutreffend Merle in Bärmann, WEG, § 27 Rn. 245; Timme/Knopp, § 27 Rn. 291; vgl. auch Wenzel, NJW 2007, S. 1905, 1909). Folgerichtig wurde auch in der Neuregelung des § 48 WEG keine Prozessführungsbefugnis des Verwalters aufgenommen.
  3. Auch aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG darf und muss der Verwalter nur zur Durchsetzung von Beschlüssen als Organ der Gemeinschaft tätig werden.

    Regelungsgegenstand des § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG sind im Übrigen nur Ansprüche der Wohnungseigentümer (nicht solche der Gemeinschaft).

    Auch § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG bringt lediglich zum Ausdruck, dass der Verwalter nicht kraft Gesetzes Ansprüche der Gemeinschaft gerichtlich geltend machen kann; es ist grundsätzlich Sache der Eigentümer, darüber zu befinden, ob ein Prozess geführt werden soll oder nicht. Es bleibt deshalb beim Grundsatz, dass Ansprüche der rechtsfähigen Gemeinschaft von dieser selbst durchzusetzen sind.

  4. Was eine Verbandsklage betrifft, bedarf es nach § 10 Abs. 6 Satz 4 WEG i.V.m. Abs. 5 lediglich der Bezeichnung"Wohnungseigentümergemeinschaft", gefolgt von einer das Grundstück näher bestimmenden postalischen oder katastermäßigen Bezeichnung. Damit müssen auch nicht sämtliche Eigentümer wie im Fall von Beschlussmängelklagen, die sich gegen die übrigen Eigentümer richten, angegeben werden. Einer Bezeichnung aller Eigentümer bedarf es deshalb nicht, wenn die Gemeinschaft eigene oder ihr zur Ausübung zustehende Rechte im eigenen Namen geltend macht.

    Zumindest bei Durchsetzung von Hausgeldforderungen sind auch keinerlei Umstände ersichtlich, die ausnahmsweise ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers begründen könnten.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 28.1.2011, V ZR 145/10

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