Leitsatz

Es entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, im Dezember eines Jahres rückwirkend einen Wirtschaftsplanentwurf zu genehmigen, wenn es für das entsprechende Jahr noch keinen Wirtschaftsplan gab.

 

Normenkette

§ 25 Abs. 5 WEG

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer einer in 2013 entstandenen Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigen am 17.12.2013 zum Tagesordnungspunkt (TOP) 4 den Entwurf des Verwalters für den Wirtschaftsplan 2013 (Rumpfjahr: April bis Dezember 2013) und die entsprechenden Einzelwirtschaftspläne. Zum TOP 6 findet ein Beschlussantrag, die Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedürftigkeit der Fassade und der Dachkonstruktion in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat durch einen Sachverständigen zu prüfen, die notwendige Mehrheit.
  2. Gegen diese Beschlüsse geht ein Wohnungseigentümer im Wege der Anfechtungsklage vor. Das Amtsgericht gibt ihm Recht. Der Beschluss zu TOP 4 entspreche keiner ordnungsmäßigen Verwaltung. Ein Wirtschaftsplan müsse sich auf die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben eines zukünftigen Wirtschaftsjahres beziehen. Soweit der Bundesgerichtshof in einem obiter dictum erklärt habe, dass ein Wirtschaftsplan auch dann beschlossen werden könne, wenn das betreffende Wirtschaftsjahr bereits abgelaufen sei, erscheine gleichwohl eine im Schrifttum vertretene Ablehnung vorzugswürdig. Auch aus dem Aspekt, dass es sich um ein Rumpfwirtschaftsjahr gehandelt habe, ergebe sich keine gegenteilige Bewertung. Es wäre auf keine Bedenken gestoßen, wenn die Wohnungseigentümer im April 2013 einen Wirtschaftsplan für den Rest des Wirtschaftsjahres beschlossen hätten. Die Verwaltung hätte besonders zügig Anfang 2014 über das Wirtschaftsjahr 2013 abrechnen müssen. Auch während des Wirtschaftsjahres 2013 stattfindende Eigentümerwechsel führten nicht zur Notwendigkeit einer rückwirkenden Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan. Zum TOP 6 habe der klagende Wohnungseigentümer schlüssig dargetan, dass es allein ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, die Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedürftigkeit der Fassade und der Dachkonstruktion prüfen zu lassen. Keine Ermessensreduzierung bestehe allerdings hinsichtlich des Beschlussteils, dass die Beauftragung in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat erfolge. Eine solche Auswahlentscheidung könne jedenfalls nicht per Beschluss auf den Verwaltungsbeirat delegiert werden. Auf jeden Fall bestehe insoweit keine Ermessensreduzierung auf Null.
  3. Gegen dieses Urteil wenden sich die beklagten Wohnungseigentümer. Sie meinen, weder aus § 28 Abs. 1 WEG noch aus § 28 Abs. 3 WEG ergebe sich, dass der Wirtschaftsplan für ein bevorstehendes Kalenderjahr bereits im Vorjahr beschlossen werden müsse. Zudem handle es sich um eine neu aufgeteilte Wohnungseigentumsanlage, sodass 2013 ein Rumpfjahr gewesen sei. Dem Verwalter sei es unmöglich gewesen, bereits im Jahr 2012 einen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 vorzulegen und beschließen zu lassen. Der Wohnungseigentümer hätten ab April 2013 freiwillig mit Hausgeldzahlungen nach Maßgabe eines ihnen zugesandten "Wirtschaftsplans" begonnen. Für diese Zahlungen habe nachträglich eine Anspruchsgrundlage geschaffen werden müssen.
 

Die Entscheidung

  1. Der Beschluss zum TOP 4 sei wirksam und entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, auch soweit er rückwirkend gelten solle.
  2. Zwar habe das Amtsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass nach bisher überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur der erst im Dezember des Wirtschaftsjahres gefasste Beschluss über einen rückwirkend geltenden Wirtschaftsplan keiner ordnungsmäßigen Verwaltung entspreche.
  3. Die Entscheidung BGH v. 4.4.2014, V ZR 168/13, NJW 2014 S. 2197 habe aber geklärt, dass der Wirtschaftsplan sogar nach der Beschlussfassung über die Abrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden könne, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestünden. Diese Entscheidung sei auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Im Fall habe es zwar noch gar kein Beschluss über einen Wirtschaftsplan gegeben. Dieser Fall sei jedoch nicht anders zu bewerten. In dem einen wie in dem anderen Fall fehle es von Anfang an an einer Rechtsgrundlage für bereits geleistete Zahlungen. Damit gehe der Bundesgerichtshof gerade nicht davon aus, dass bei nichtiger (oder gänzlich fehlender) Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan die Abrechnungsspitze der Abrechnung den Gesamtsaldo der jeweiligen Einzelabrechnung jedes Wohnungseigentümers erfasse. Hätte der Bundesgerichtshof dies anders gesehen, hätte er entschieden, dass bei fehlender Rechtsgrundlage für Vorauszahlungen der Abrechnungsbeschluss die (dann notwendigerweise alleinige) Rechtsgrundlage für den gesamten Abrechnungssaldo darstelle. Von daher stelle sich nicht lediglich die Frage des "Dürfens" der rückwirkenden Beschlussfassung des Wirtschaftsplans für ein bereits beinahe abgelaufenes Wirtschaftsjahr, sondern vielmehr eine des "Müssens" (Hinweis auf "zutreffend" Elzer, IMR 2014, S. 292 und Jennißen in Jennißen, WEG, 3. Aufl. 2011, § 28 Rn. 67).
  4. Im Fall habe d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge