Leitsatz

  1. Neuwahl bzw. Wiederwahl des Verwalters und Beschlussfassung auf "Fortsetzung des Verwaltervertrags"
  2. Schriftliche Beschlussfassung im "Nachverfahren" in einer Mehrhausanlage mit Sondervereinbarungen zu den Stimmrechten
 

Normenkette

§§ 23 Abs. 2 und 3, 26 WEG a. F.

 

Kommentar

  1. Ist in der Einladung einer Wohnungseigentümerversammlung der Beschlussgegenstand (TOP) mit "Neuwahl eines Verwalters" bezeichnet, so ist für jeden Wohnungseigentümer erkennbar, dass nicht nur die Bestellung eines Verwalters beschlossen werden soll, sondern auch eine Entscheidung über die wesentliche Bedingung des Verwaltervertrags ergehen kann.
  2. Wird in einer Versammlung "die Fortsetzung des Verwaltervertrags" beschlossen, so ist der Beschluss dahin auszulegen, dass er auch die Bestellung bzw. Neubestellung des Verwalters umfasst.
  3. Bei der Wiederwahl eines Verwalters bedarf es grds. nicht der Unterbreitung von Alternativangeboten (vgl. auch OLG Hamburg v. 16.7.2001, 2 Wx 116/00, ZMR 2001, 997, 998). Weitere Kandidaten wurden von Eigentümern auch nicht vorgeschlagen und zur Wahl gestellt.
  4. Ein Verwalter ist jedenfalls in Ausübung sog. gebundener Vollmachten von nicht anwesenden Eigentümern berechtigt, an seiner eigenen Wahl mitzuwirken. Insoweit nimmt er hier nicht eigene Interessen, sondern weisungsgebunden die Interessen der vertretenen Wohnungseigentümer wahr (vgl. auch BayObLG, WE 1991, 261/262; Hans. OLG Hamburg v. 16.7.2001, a. a. O.).
  5. Sieht die Teilungserklärung bei mehreren Wohnblöcken vor, dass für die Verwaltungseinheit, die das gemeinschaftliche Eigentum umfasst, soweit nicht das Sonder- und Teileigentum der übrigen Verwaltungseinheiten betroffen ist, die Beschlussfassung im Wege des schriftlichen Verfahrens durch schriftliche Stimmabgabe innerhalb der für die übrigen Verwaltungseinheiten einberufenen Versammlungen erfolgt und zur Gültigkeit des Beschlusses ausreicht, dass die zustimmenden Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte sämtlicher Miteigentumsanteile der Verwaltungseinheiten vertreten, so verletzt dieses Verfahren nicht das Gebot des Minderheitenschutzes. Ein solches "Nachverfahren" nach stattgefundener Eigentümerversammlung ist wirksam und hier vereinbarungsgemäß geboten; dem steht dann auch § 23 Abs. 3 WEG nicht entgegen.
Anmerkung

Ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankam, hat sich der Senat gegen die wohl h. M. ausgesprochen, die in schriftlichen Beschlussverfahren von einer Unabdingbarkeit des § 23 Abs. 3 WEG ausgeht und Mehrheitsbeschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren nicht für zulässig erachtet. Unter Berufung auf Merle in B/P/M (9. Aufl., § 23 Rn. 112 m. w. N. dort insbesondere unter Fn. 5) hält der Senat die wohl vorherrschende Meinung schon deshalb für bedenklich, weil entgegen § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG dem Gesetz keine ausdrückliche Regelung zu entnehmen ist, die einer Abbedingung des § 23 Abs. 3 WEG entgegensteht.

Die umstrittene Frage (Unabdingbarkeit des § 23 Abs. 3 oder Zulässigkeit einer hiervon abweichenden Vereinbarung) bedarf damit noch einer höchstrichterlichen Klärung.

Wenn der Senat von eigener Abstimmungsberechtigung bei seiner Wahl die Einschränkung andeutet, dass ein solches Stimmrecht "jedenfalls in Ausübung sog. gebundener Vollmachten" zulässig ist, darf ergänzend erwähnt werden, dass nach h. M. und verfestigter BGH-Rechtsprechung ein Verwalter sowohl bei seiner Wahl als auch zum Beschlussantrag einer Verwaltervertragsannahme ggf. mit eigenen Stimmen, aber auch mit ihm erteilten Vollmachtsstimmen (gleichgültig, ob weisungsfrei oder weisungsgebunden erteilt) grds. mitabstimmen darf.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 20.01.2006, 2 W 24/05, ZMR 10/2006, 803

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