Leitsatz

Die Parteien hatten im Jahre 1996 geheiratet. Vor der Eheschließung war die Ehefrau viele Jahre arbeitslos und hatte sich kurz nach der Eheschließung im Jahre 1997 mit einem Fingernagelstudio selbständig gemacht. Hieraus erzielte sie nur geringe Einkünfte. Die Parteien trennten sich Anfang des Jahres 2000. Im Mai 2000 nahm die Ehefrau eine Beziehung zu einem neuen Partner auf, mit dem sie seit September 2001 zusammen lebte.

Im Jahre 2005 wurde die Ehe geschieden. Etwa zeitgleich scheiterte die neue Beziehung der Ehefrau. Sie forderte im Verbund nachehelichen Unterhalt. Der in Anspruch genommene Ehemann berief sich insoweit auf Verwirkung.

Erstinstanzlich wurde ihre Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts abgewiesen.

Gegen dieses Urteil legte die Ehefrau Berufung ein, mit der sie den Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 700,00 EUR monatlich weiterverfolgte.

Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG sprach der Ehefrau ab dem Zeitpunkt des Scheiterns ihrer neuen Lebensgemeinschaft einen gekürzten und zeitlich befristeten Anspruch auf Ehegattenunterhalt zu.

Bei der vorgenommenen Billigkeitsabwägung berücksichtigte das OLG, dass sich erste Auflösungserscheinungen der Lebensgemeinschaft praktisch unmittelbar im Anschluss an deren zeitliche Verfestigung gezeigt hätten und sich der unterhaltsverpflichtete Ehemann bislang nicht auf den gänzlichen Wegfall der Unterhaltspflicht eingerichtet habe. Aufgrund dessen erscheine es trotz der relativ kurzen Ehedauer nicht unzumutbar, ein Wiederaufleben der Unterhaltsansprüche auf nachehelichen Unterhalt anzunehmen.

Bei seiner Berechnung stellte das OLG aufseiten der Ehefrau nicht auf die tatsächlich von ihr erzielten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit ab. Auch wenn diese eheprägend gewesen seien, sei es angesichts der seit Jahren gleichbleibend schlechten Erträge unterhaltsrechtlich vorwerfbar, dass sie sich nicht um eine besser bezahlte, abhängige Erwerbstätigkeit bemüht habe. Daher sei ihr ein durch eine Vollzeittätigkeit erzielbarer Verdienst fiktiv zuzurechnen. Angesichts der geringen Berufspraxis und der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei von ihr maximal ein Stundenlohn von 10,00 EUR brutto erzielbar, was einem Monatseinkommen von brutto 1.680,00 EUR und netto 1.1.30,00 EUR entspreche.

Den sich daraus rechnerisch ergebenden Unterhaltsanspruch von 570,00 EUR kürzte das OLG aus Billigkeitserwägungen auf einen Betrag von 410,00 EUR mit der Begründung, dass sich beide Parteien bereits während der langen Trennungszeit auf diesen Betrag eingestellt hätten. Zudem hielt das Gericht angesichts der Ehedauer von 8 Jahren und 4 Monaten unter Abwägung aller Umstände eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts auf 2 Jahre und 9 Monate für angemessen, da die Ehefrau ehebedingte Nachteile nicht erlitten habe.

 

Hinweis

Bei Wegfall des Verwirkungstatbestandes, insbesondere bei Beendigung einer verfestigten Lebensgemeinschaft, lebt der ursprüngliche Unterhaltsanspruch nicht ohne Weiteres wieder auf. Es ist eine neue umfassende tatrechtliche Prüfung erforderlich, ob die aus einer wieder auflebenden Unterhaltsverpflichtung erwachsende Belastung für den Verpflichteten die Zumutbarkeitsgrenze überschreitet (vgl. BGH v. 6.5.1987 - IVb ZR 61/86 = FamRZ 1987, 689).

Bei einer erneuten Abwägung der näheren Umstände ist auch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach Zeit und Höhe zu erwägen. Argument gegen ein Wiederaufleben des ausgeschlossenen Unterhaltsanspruchs kann nach der Rechtsprechung des BGH eventuell sein, dass der Verpflichtete auf den endgültigen Wegfall der Unterhaltspflicht vertrauen konnte und sich hierauf durch wirtschaftliche Dispositionen auch eingestellt hat.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Urteil vom 07.07.2006, 11 UF 2/06

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