Leitsatz

Werbung als Teil beruflicher Betätigung ist auch dem Steuerberater grundsätzlich erlaubt. Es ist daher auch berufsrechtlich unbedenklich, wenn eine Steuerberatungsgesellschaft großflächig Werbung auf Straßenbahnwagen macht. Der Steuerberaterkammer steht hier kein Unterlassungsanspruch aufgrund wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen zu.

 

Sachverhalt

Eine Steuerberatungsgesellschaft ließ auf einem Straßenbahnwagen über dessen Länge neben ihrem Firmenlogo und ihrer Adresse folgende Aufschriften anbringen "Ihr Partner in Sachen Steuer- und Wirtschaftsberatung" und "Ihr Dienstleistungszentrum im Herzen von …". Die zuständige Steuerberaterkammer hatte mit ihrer zivilgerichtlichen Unterlassungsklage vor dem OLG Erfolg. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Steuerberatungsgesellschaft eine Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit[1]. Sie obsiegte mit ihrem Rechtsmittel.

 

Entscheidung

Die berufliche Außendarstellung eines Freiberuflers einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme seiner Dienste fällt in den Schutzbereich des verfassungsmäßig verankerten Rechts auf freie Berufsausübung. Bei der Auslegung berufsbeschränkender Normen hat der Richter neben der Bedeutung des Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit den Vorrang des parlamentarischen Gesetzgebers zu beachten. Es ist primär Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche öffentlichen Aufgaben er auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts überträgt. Erweitern Gerichte Eingriffsmöglichkeiten, haben sie sich im Rahmen der Festlegungen zu halten, für die der parlamentarische Gesetzgeber die Verantwortung übernommen hat. Daraus folgt, dass eine Steuerberaterkammer nach den seinerzeit geltenden Bestimmungen des UWG[2] klagebefugt war. Insoweit sind die Regelungen des StBerG zu den Kammerzuständigkeiten[3] auch nach Meinung des BVerfG gerade nicht abschließend.

Die Bewertung der Straßenbahnwerbung als unlauter verletzt die Gesellschaft in ihrem Grundrecht. Werbung als Teil beruflicher Betätigung ist auch dem Steuerberater grundsätzlich erlaubt. Als berufswidrig kann Werbung nur dann unterbunden werden, wenn das Verhalten den Rückschluss nahe legt, der mit diesen Mitteln Werbende werde nicht Gewähr dafür bieten, aus Rücksicht auf die Steuerrechtspflege und die Interessen seiner Mandanten das persönliche Gewinnstreben zurückzustellen. Das Gebot der Sachlichkeit verlangt nicht, sich auf die Mitteilung nüchterner Fakten zu beschränken. Angaben zur Art der beabsichtigten Zusammenarbeit oder über die Atmosphäre, die bei der Erbringung der Dienstleistungen angestrebt wird, befriedigen ein legitimes Informationsbedürfnis der Nachfrager. Allein aus dem Umstand, dass eine Berufsgruppe ihre Werbung anders als bisher üblich gestaltet, kann nicht gefolgert werden, dass dies berufswidrig wäre.

Diesen Grundsätzen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Nach Auffassung des OLG dürfen Steuerberater zwar auf einer Straßenbahn werben, die Werbung müsse aber schon ihrer Art und Größe nach von der üblichen Straßenbahnwerbung verschieden gestaltet werden. Diese Argumentation schränkt die Möglichkeiten der Präsentation ein, ohne einen Bezug zu den hiermit verbundenen Gefährdungen für das berufliche Verhalten und das Bild der Berufsangehörigen in der Öffentlichkeit herzustellen. Eine solche Beschränkung ist unverhältnismäßig und lässt sich auch nicht mit dem Inhalt der Werbeaussage begründen. Der Zusatz "Ihr Partner in Sachen …" kennzeichnet die beabsichtigte Berufsausübung als partnerschaftlich. Dies steht aber mit den Berufspflichten des StBerG in Einklang.

 

Link zur Entscheidung

BVerfG-Beschluss vom 26.10.2004, 1 BvR 981/00

[2] Vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2 a.F. UWG
[3] Vgl. § 76 StBerG

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