Die Anfechtungsklage gegen einen Negativbeschluss muss nach derzeitiger Rechtslage nicht mit einem Verpflichtungsantrag verbunden werden. Sie kann auch isoliert geführt werden.[1] Grundsätzlich könnte sich der in o.g. Beispielsfall beschriebene gehbehinderte Wohnungseigentümer darauf beschränken, lediglich den Negativbeschluss anzufechten. Nach künftiger Rechtslage bedarf es der Erhebung einer Anfechtungsklage im Rahmen einer Beschlussersetzungsklage nicht mehr, was sich aus dem Wortlaut von § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG n. F. ergibt. Bislang ist der Antrag auf Beschlussersetzung nicht fristgebunden. Auch das WEMoG sieht insoweit keine Frist vor. Die Bestimmung des § 45 Satz 1 WEG n. F. regelt lediglich die Fristen der Anfechtungsklage. Die Neuregelung in § 45 WEG n. F. regelt allein die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage. Im Übrigen existiert auch keine andere Vorschrift, die eine Klage auf Beschlussersetzung einer Frist unterwirft. Sie kann also jederzeit erhoben werden.[2] Verfolgt der klagende Wohnungseigentümer jedoch die Umsetzung eines entsprechenden positiven Beschlussergebnisses nicht mehr, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis.[3]

Die Nichterhebung einer Klage auf Beschlussersetzung kann auch zum Anspruchsausschluss führen. So kann ein Wohnungseigentümer wegen eines Mangels des Gemeinschaftseigentums keinen Schadensersatz verlangen, wenn er nach einem Negativbeschluss, sich mit dem Mangel zu befassen, 6 Jahre wartet und keine Beschlussersetzungsklage erhebt.[4] An all diesen Grundsätzen wird sich auch unter Geltung des WEMoG nichts ändern.

Da es sich bei der Beschlussersetzungsklage, ebenso wie bei der Anfechtungsklage um eine Gestaltungsklage handelt, tritt die Gestaltungswirkung des entsprechenden Urteils von selbst ein. Im Übrigen wurde auf Grundlage der derzeitigen Rechtslage einerseits die Ansicht vertreten, eine Beschlussersetzungsklage könne auch ohne Anfechtung des Negativbeschlusses erhoben werden.[5] Allerdings wird auch die Gegenauffassung vertreten, der bestandskräftige Negativbeschluss stehe einem späteren Verpflichtungsantrag entgegen.[6] Der aktuellen BGH-Rechtsprechung[7] ist eine entsprechende Klarstellung insoweit zu entnehmen, dass mangels Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Negativbeschluss und einem Zeitablauf von stattlichen 6 Jahren, in denen auch keine Beschlussersetzungsklage erhoben wurde, Schadensersatzansprüche nicht zuerkannt werden konnten. Zugrunde lag dem Rechtsstreit ein Beschlussantrag über einen Grundbeschluss bezüglich Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum.

 

Dennoch Vorsicht walten lassen

Auch wenn nach diesseits vertretener Auffassung, insbesondere auf Grundlage der aktuellen BGH-Rechtsprechung und der Neustrukturierung des Gesetzes, die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen Negativbeschluss nicht erforderlich scheint, stellt dies eine persönliche Meinung dar. Ohne fristgebunden zu sein, müsste eine Beschlussersetzungsklage ohnehin zeitnah nach Ablehnung eines Beschlussantrags erhoben werden. Der vorsichtige Anwalt wird jedenfalls keinen Fehler machen, bis zur (erneuten) Klärung seitens der Rechtsprechung den Negativbeschluss dennoch anzufechten.[8]

[2] AG Kassel, Urteil v. 17.5.2018, a. a. O.
[3] LG Itzehoe, Urteil v. 14.10.2016, 11 S 3/16, ZWE 2017 S. 263.
[8] Der (weitere) Antrag auf Beschlussersetzung wird definitiv jedenfalls nicht innerhalb der Frist des § 45 Satz 1 WEG n. F. zu stellen sein.

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