Leitsatz

Eine außerordentliche Kündigung muss innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen erklärt werden. Das BAG formulierte Grundsätze zu der Frage, ab wann die Frist zu laufen beginnt.

 

Sachverhalt

Der klagende Arbeitnehmer war Lebensmittelkontrolleur im Außendienst der Stadt Hamburg. Wegen Bestechlichkeit, Nötigung, falscher Verdächtigung, Verleumdung und Diebstahl erließ das Amtsgericht gegen ihn einen Strafbefehl, durch den er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt wurde. Am 4.11. übergab der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Kopie des Strafbefehls. Am 18.11. fanden erste erörternde Telefongespräche statt. Am 24.11. teilte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit, dass der Strafbefehl rechtskräftig geworden ist. Am 30.11. hörte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erneut persönlich an.

Nach Beteiligung des Personalrats sprach der Arbeitgeber am 8.12. die fristlose Kündigung aus. "Zu spät" – meinte der Arbeitnehmer. Nachdem der Arbeitgeber von der Existenz des Strafbefehls erfahren hatte, habe er selbstständig in Erfahrung bringen müssen, wann der Strafbefehl rechtskräftig werden würde. Die zweiwöchige Erklärungsfrist für eine außerordentliche Kündigung sei daher bereits am 18.11. nach den erörternden Telefongesprächen angelaufen und damit schon am 2.12. abgelaufen. Die am 8.12. erklärte Kündigung sei verfristet. Das Arbeitsgericht und LAG folgten dieser Argumentation und gaben der Kündigungsschutzklage statt, obwohl nach ihrer Ansicht ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich gegeben war.

Erst vor dem BAG bekam der Arbeitgeber Recht. Die Kündigungserklärungsfrist begann nicht, wie die Vorinstanzen meinten, am 18.11., sondern erst an dem Tag, an dem der beklagte Arbeitgeber Kenntnis von der Rechtskraftdes Strafbefehls erhielt, also am 24.11. Bei Fristbeginn an diesem Tag hat der Arbeitgeber die 2-wöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB, § 54 Abs. 2 BAT durch die am 8.12. zugegangene Kündigung gewahrt.

Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht.

Als Kündigungsberechtigter darf der Arbeitgeber den Aus- bzw. Fortgang eines Strafermittlungs- bzw. eines Strafverfahrensabwarten und seinen Kündigungsentschluss davon abhängig machen. Insbesondere darf er die Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung als Teil des Kündigungsgrunds betrachten, sodass die Kündigungserklärungsfrist erst ab Kenntnis von der Rechtskraft zu laufen beginnt. Hiervon hatte der Arbeitgeber erst am 24.11. erfahren.

 

Hinweis

Hier ging es um eine sog. Tatkündigung wegen nachgewiesenen Fehlverhaltens. Die "Tat" setzte sich zusammen aus den begangenen Straftaten und der rechtskräftigen Verurteilung. Im Unterschied dazu muss der Arbeitgeber bei einer Verdachtskündigung wesentlich mehr tun und schneller agieren. Ist ihm der Kündigungssachverhalt zunächst nur als "Vorfall" bekannt, hat er mit der gebotenen Eile die notwendig erscheinenden Maßnahmen einzuleiten, um die Details aufzuklären.

Er hat allen Anlass, den "Vorfall" aufzuklären. Zu den Verdachtsmomenten hat er den Arbeitnehmer zunächst innerhalb einer Regelfrist von einer Woche anzuhören.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil v. 5.6.2008, 2 AZR 25/07.

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