Noch nie war das nominelle Volumen des verschenkten und vererbten Vermögens in Deutschland so groß wie im Jahr 2021; dabei dürften die Steigerungen auch auf die massiven Erhöhungen der Immobilienwerte zurückzuführen sein. Entsprechend erreichte auch das Steueraufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit 9,82 Milliarden Euro bislang nicht gekannte Dimensionen. Infolge des Anstiegs der Steuerbelastung ist der Beratungsbedarf ebenfalls deutlich angestiegen. Es war also höchste Zeit, die Kommentierung des ErbStG und der für die Erbschaftsteuer relevanten Normen des BewG auf den aktuellen Stand zu bringen.

Anders als vor der 3. Auflage waren die seit der letzten Überarbeitung verabschiedeten bzw. in Kraft getretenen Änderungen nicht so umfassend und tiefgreifend wie die durch das ErbStG 2016.[1] Besonders zu erwähnen ist aber dessen ungeachtet das Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020,[2] das im Hinblick auf den Umfang des Abzugs von Verbindlichkeiten und Lasten im Rahmen der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage einen Paradigmenwechsel mit sich gebracht hat. Waren bislang "allgemeine Nachlassverbindlichkeiten", z.B. aus Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsverpflichtungen unbeschränkt abziehbar, gilt dies heute in dieser Allgemeinheit nicht mehr, da nach § 10 Abs. 6 S. 5 ff. ErbStG der Abzug in allen Fällen eingeschränkt wird, in denen der steuerpflichtige Erwerb (auch) solches Vermögen umfasst, das nicht ungemildert besteuert wird. Ein weiterer Schritt weg von der sonst allerorten geforderten Vereinfachung des Steuerrechts.

Ähnliches gilt auch für das KöMoG,[3] das sich nicht nur, wie man meinen könnte, auf die Ertragsteuern auswirkt, sondern ebenfalls auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie an dieser orientierte Planungsüberlegungen.

Allerdings hat die Finanzverwaltung zwischenzeitlich mit den ErbStR 2019[4] einen umfassenden Interpretationsleitfaden zur Verfügung gestellt, der insbesondere auch die "Rechenwege" für die Bestimmung des Umfangs des schädlichen Verwaltungsvermögens bei den Privilegierungen für Produktivvermögen erläutert.[5] Diese sind zum Teil – insbesondere durch das bereits erwähnte Jahressteuergesetz 2020 – bereits wieder überholt, aber im Übrigen für die praktische Anwendung des Gesetzes eine wertvolle Hilfe. Dennoch ist die Gesetzesauslegung der Finanzverwaltung an der einen oder anderen Stelle aus dogmatischer Sicht fragwürdig, so dass auch die ErbStR 2019 nicht einfach als "Gottes Wort" akzeptiert werden können – ein weiterer Aspekt, der in der nun vorliegenden Kommentierung zu berücksichtigen war.

Schließlich kann die die letzten beiden Jahre prägende COVID-Pandemie auch an der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht spurlos vorübergehen. Der Gesetzgeber ist insoweit zwar bislang nicht aktiv geworden. Aber immerhin hat die Finanzverwaltung mit gleich lautenden Erlassen vom 30.12.2021[6] reagiert.

Wir, die Autoren und Herausgeber, haben uns mit tatkräftiger Unterstützung des Verlags und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch bei dieser Auflage bemüht, den aktuellen Gesetzesstand möglichst umfassend, aber stets aus der Perspektive des Anwenders zu analysieren und auszulegen. Unsere Zielsetzung ist nach wie vor, konkrete Antworten auf offenen Fragen zu geben – und das nicht nur durch die Verfolgung "ausgetretener Pfade", sondern – gerade im Hinblick auf aktuelle Änderungen –auch mit eigenen (neuen) Einschätzungen und Meinungen, denen (noch) keine gesicherten Erkenntnisse oder gar eine gefestigte Rechtsprechung zugrunde liegen (können). Unser Anspruch ist es daher auch nicht, in jeder dieser Fragen die absolute Wahrheit zu verkünden; vielmehr geht es um eine pragmatische, unseres Erachtens aber ebenso dogmatisch fundierte Auslegung und – soweit diese nicht eindeutig ist – um die Debatte hierum.

Als Herausgeber bedanken wir uns ganz herzlich bei unseren Mitautoren aus Lehre, Verwaltung und Beraterschaft, also bei Rechtsanwältin und Steuerberaterin Prof. Dr. Carmen Griesel, Rechtsanwalt Elmar Uricher, Dipl.-Finanzwirt (FH) Christian Sievert, LL.M. und Regierungsdirektor Christian Volquardsen. Unser ganz besonderer Dank gilt aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des zerb verlags. Ohne unsere Lektorinnen Frau Marita Blaschko und Frau Claudia Schuster wäre dieses Buch nicht erschienenen. Ebenso wichtig war selbstverständlich auch die stete Unterstützung durch die Verlagsleiterin Frau Andrea Albers.

Bremen, Bonn, Düsseldorf, Oktober 2022

Dr. Hanspeter Daragan

Raymond Halaczinsky

Dr. Christopher Riedel, LL.M

[1] Hinsichtlich der Anpassung des BewG sogar zum 1.1.2016, vgl. § 205 Abs. 11 BewG.
[2] Gesetz v. 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096.
[3] Gesetz v. 25.6.2021, BGBl. I 2021, 2050
[4] BStBl. I 2019 Sondernummer 1, 2 ff.; sowie ErbStH 2019, BStBl. I 2019 Sondernummer 1, 151 ff.
[5] Es erfüllt uns mit einem gewissen Stolz, dass diese Darstellung – von einem einzigen Detail abgesehen – der bereits in der Vorauflage enthaltenen Faltkarte entspricht.
[6] DStR 2022, 366.

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