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Das deutsche Zivilgesetzbuch hat den Erbschein als amtliches Zeugnis in Anlehnung an das Gesetz über die Ausstellung gerichtlicher Erbbescheinigungen v. 12.3.1869 übernommen.[1] Ziel war es, ein Legitimationspapier für den oder die Erben zu schaffen, durch welches das Erbrecht und der Umfang des jeweiligen Erbteils amtlich dokumentiert werden soll.[2] Der Erbschein hat insbesondere Legitimationsfunktion im Rechtsverkehr.[3] Er genießt öffentlichen Glauben nach § 2366 BGB und es wird die Richtigkeit seines Inhalts nach § 2365 BGB vermutet. Als amtliches Zeugnis dokumentiert der Erbschein die Rechtslage im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls. Zeitlich nachfolgende Ereignisse, wie Tod des Erben, Vereinbarungen zwischen den Erben über den Nachlass, dürfen nicht in den Erbschein aufgenommen werden.[4]

Mit dem Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein, das auf alle Erbfälle seit dem 17.8.2015 (d.h. seit dem Inkrafttreten der EuErbVO) anwendbar ist, wurden wesentliche Regelungen des Erbscheinsverfahrens, die bisher in den §§ 2353 ff. BGB enthalten waren, in das FamFG überführt (bedingt u.a. durch das Internationale Erbrechtsverfahrensgesetz). Die verfahrensrechtlichen Regelungen befinden sich jetzt in den §§ 352355 FamFG ("Erbscheinsverfahren; Testamentsvollstreckung"). Die materielle Grundlage des Erbscheins findet sich weiterhin in § 2353 BGB, die des Testamentsvollstreckerzeugnisses weiterhin in § 2368 BGB. Das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein enthält zahlreiche Regelungen zur nationalen Umsetzung der EuErbVO, aber auch gewichtige weitere Neuerungen, wie dass das bisher im BGB angesiedelte Erbscheinsverfahren nun im FamFG geregelt ist. Die Änderungen fanden mit Wirkung zum 17.8.2015 statt, dem Wirksamwerden der EuErbVO.

[1] Soergel/Zimmermann, Vor § 2353 Rn 1.
[2] Soergel/Zimmermann, Vor § 2353 Rn 1.
[3] Lange, Erbrecht, Kapitel 19, § 78 Rn 1.
[4] Brox/Walker, Erbrecht, Rn 585.

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