Leitsatz

Minderjährige Kinder, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, begehrten die Abänderung eines zum Kindesunterhalt geschlossenen Vergleichs aufgrund der gestiegenen Einkünfte ihres Vaters. Es ging primär um die Frage, unter welchen Voraussetzungen auch für die Vergangenheit rückwirkend die Abänderung eines Unterhaltsvergleichs begehrt werden kann.

 

Sachverhalt

Die beiden minderjährigen Kläger, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, begehrten von ihrem Vater die Abänderung eines am 10.11.2006 geschlossenen Vergleichs, in dem er sich verpflichtet hatte, an den Kläger zu 1. monatlichen Unterhalt i.H.v. 200,00 EUR und an die Klägerin zu 2. solchen von monatlich 160,00 EUR zu zahlen. Seinerzeit betrug sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen 1.279,64 EUR.

Ab November 2006 hatten sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten erheblich verändert. Seit dem 1.7.2007 war er als Chemikant bei einem neuen Arbeitgeber beschäftigt. Sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen betrug nach Angaben der Kläger monatlich 1.685,22 EUR, nach Angabe des Beklagten lag es mit 1.636,52 EUR monatlich etwas niedriger.

Der Beklagte war mit anwaltlichem Schreiben der Kläger vom 8.1.2008 und 29.7.2008 um ergänzende Auskunft zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und zuletzt auch zur Zahlung erhöhten Unterhalts aufgefordert worden.

Mit ihrer Klage machten die Kläger rückständigen höheren Kindesunterhalt für die Zeit ab Juli 2007 und Erhöhung des laufenden Unterhalts geltend.

Erstinstanzlich wurde der Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Gegen das Urteil legte der Beklagte, die Kläger Anschlussberufung ein.

In der Sache hatten beide Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.

 

Entscheidung

In seiner Begründung wies das OLG darauf hin, dass hinsichtlich des erstinstanzlich zuerkannten Unterhaltsrückstandes für den Zeitraum vom 1.7.2007 bis 31.8.2008 die Berufung des Beklagten nur teilweise Erfolg habe, nämlich nur für den Zeitraum vom 1.7. bis zum 31.12.2007.

Für diesen Zeitraum steht den Klägern ein Anspruch auf rückständigen Unterhalt nicht zu, da die Voraussetzungen nach § 1613 BGB nicht vorgelegen hätten. Diese Regelung sei auch vorliegend anzuwenden. Die hier begehrte Abänderung des Prozessvergleichs vom 10.11.2006 erfolge nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, für die zwar die verfahrensrechtliche Zeitschranke des § 323 Abs. 3 S. 1 ZPO grundsätzlich nicht gelte, so dass er rückwirkend uneingeschränkt abänderbar sei. Materiell-rechtlich erfordere eine rückwirkende Abänderung jedoch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1613 BGB (BGH FamRZ 1983, 22 - 25).

Danach lägen die Voraussetzungen nach § 1613 Abs. 1 BGB aber erst mit Zugang des anwaltlichen Schreibens der Kläger vom 8.1.2008, mit dem der Beklagte zur Auskunft aufgefordert worden sei, vor.

Hinsichtlich des Zeitraums vor dem 1.1.2008 fehle es auch an den Voraussetzungen des § 1613 Abs. 2 BGB, nach denen ausnahmsweise ohne das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 der genannten Vorschrift für die Vergangenheit Unterhalt geltend gemacht werden könne.

Das amtsgerichtliche Urteil sei deshalb auf die Berufung des Beklagten insoweit zu ändern, als rückständiger Unterhalt erst für die Zeit ab 1.1.2008 zuzusprechen sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG Naumburg, Urteil vom 08.12.2009, 3 UF 9/09

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