Rz. 910

Während der Steuerpflichtige grundsätzlich davon ausgehen kann, dass die ihm ausgehändigten Spendenbescheinigungen richtig sind (§ 10b Abs. 4 Satz 1 EStG), sieht sich die gemeinnützige Körperschaft u. U. der Spendenhaftung ausgesetzt. Dabei gab es in den vergangenen Jahren eine Tendenz, die Spendenhaftung immer weiter zu beschränken, und zwar einerseits durch eine Herabsetzung des Haftungsbetrags von 40 Prozent auf 30 Prozent und andererseits durch eine einheitliche Anknüpfung der Haftungstatbestände an vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten.

Das Spendenrecht kennt zwei Haftungstatbestände (§ 10b Abs. 4 Satz 2 EStG bzw. entsprechend für Körperschaftsteuer § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG und für Gewerbesteuer § 9 Nr. 5 Satz 9 Alt. 2 GewStG): Nach der Ausstellerhaftung gem. § 10b Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 EStG haftet der Aussteller einer Zuwendungsbestätigung für die entgangene Einkommensteuer, soweit ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. Bislang bestand unabhängig von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit die sogenannte Veranlasserhaftung (§ 10b Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 EStG) immer dann, wenn die Zuwendungen objektiv fehlverwendet, d. h. nicht zu den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen Zwecken verwendet wurden.

 
Hinweis

Neue Rechtslage ab 1.1.2013

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts wurde auch dieser Tatbestand mit Wirkung zum 1.1.2013 an die Voraussetzung fahrlässigen oder grob fahrlässigen Verhaltens geknüpft.

Der Haftungsbetrag ist in beiden Fällen mit 30 Prozent des zugewendeten Betrages anzusetzen. Hat sich die Spende zusätzlich auf die Gewerbesteuer ausgewirkt, erhöht sich die Haftsumme um 15 Prozent auf 45 Prozent (§ 9 Nr. 5 Satz 8 GewStG).[1420]

 

Rz. 911

Die Spendenhaftung (§ 10b Abs. 4 Satz 2 EStG) stellt ein Gegengewicht zum Vertrauensschutztatbestand des § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG dar.[1421] Steuer- und Haftungsschuld schließen einander insoweit aus. Zwar ist eine Einzelfallprüfung dahingehend, ob sich der in Rede stehende Spendenabzug bei dem Einzelspender steuerlich ausgewirkt hat, nicht vorgesehen, jedoch kann sich der Haftungsschuldner durch Darlegung der Bösgläubigkeit des Steuerschuldners im Einzelfall exkulpieren.[1422] Vor einer Haftungsinanspruchnahme ist daher stets zunächst die Gutgläubigkeit des Spenders zu prüfen.[1423] Nach Ansicht der OFD Frankfurt am Main trägt jedoch der Aussteller der unrichtigen Spendenbetätigung im Haftungsverfahren die Darlegungs- und Beweislast für die den Vertrauensschutz ausschließenden Gründe.[1424] Der Beweis der Bösgläubigkeit des Spenders dürfte allerdings in der Praxis vielfach schwer fallen.

 

Rz. 912

Die Prüfung der Spendenhaftung obliegt dem auch ansonsten für die gemeinnützige Körperschaft zuständigen Finanzamt. Es hat eine solche Prüfung vorzunehmen, sobald ihm Hinweise auf unrichtig ausgestellte Zuwendungsbestätigung oder eine Fehlverwendung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen bekannt werden.

 
Praxis-Beispiel

Spendenhaftung

Eine Haftung kommt z. B. dann in Betracht, wenn bei Sachspenden ein überhöhter Wert bescheinigt wird, die Zuwendungsbestätigung gezielt falsche Angaben enthält, auf einen nicht vorhandenen Freistellungsbescheid verwiesen wird, Zuwendungen bestätigt werden, welche die gemeinnützige Körperschaft nie erhalten hat, oder die Satzungszwecke zwischenzeitlich geändert wurden und der bisherige Freistellungsbescheid damit überholt ist.

 

Rz. 913

Das Finanzamt wird regelmäßig eine Prüfung einleiten, wenn einer Körperschaft die Steuervergünstigung und damit die Berechtigung zum Empfang weiterer steuerlich abzugsfähiger Zuwendungen entzogen wird. Zwischen der Gemeinnützigkeitsentscheidung im Körperschaftsteuerverfahren und dem Spendenabzug bzw. der Spendenhaftung besteht allerdings keine unmittelbare Abhängigkeit. Daher sind Fälle denkbar, in denen der Körperschaft zwar die Gemeinnützigkeit versagt wird, es jedoch nicht zur Spendenhaftung kommt. Verstößt eine Stiftung z. B. gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit, weil Vorstandsmitglieder überhöhte Gehälter und damit praktisch Ausschüttungen aus dem gemeinnützigen Stiftungskapital beziehen, so kommt es dann nicht zur Spendenhaftung, wenn die Stiftung alle von ihr vereinnahmten Spenden satzungsgemäß für die steuerbegünstigten Zwecke ausgegeben hat. Sinn und Zweck der Haftungsregeln ist es, Fehlleitungen von Zuwendungen, nicht aber Verstöße gegen die allgemeinen Gemeinnützigkeitsvorschriften zu sanktionieren. Der Bundesfinanzhofhat mehrfach bestätigt, dass eine Fehlverwendung i. S. d. § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG nicht gegeben ist, solange die spendenempfangende Körperschaft die Zuwendung tatsächlich zu dem in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck verwendet hat. Hieran vermag in einem solchen Fall auch die im Körperschaftsteuerveranlagungsverfahren versagte "Anerkennung" als gemeinnützig nichts zu ändern.[1425]

 

Rz. 914

Die Ausstellerhaftung kann sich schließlich nur auf solche Zuwendungsbestätigungen beziehen, die als solche überhaupt geeignet sind, zur steuerlichen Be...

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