OFD Frankfurt, Verfügung v. 15.3.2005, S 2223 A - 95 - St II 1.03

Bezug: HMdF-Erlasse vom 12.7.1993, S 2223 A – 244 – II A 11 und 28.3.2003, S 2223 A – 229 – II A 1a

Bei der Haftungsinanspruchnahme nach § 10b Abs. 4 EStG sind die nachfolgenden Grundsätze zu beachten:

 

1. Haftungsschuldner

Nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG haftet, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt (1. Alternative) oder wer veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (2. Alternative).

 

1.1 Steuerbegünstigte Körperschaft i.S. des §§ 51 ff. AO

Der Aussteller der Bestätigung bzw. der Veranlasser einer Fehlverwendung haftet für die entgangene Steuer. Haftungsschuldner ist daher der Handelnde.

Die Ausstellerhaftung tritt grundsätzlich nur die Körperschaft, da § 50 Abs. 1 EStDV ausdrücklich anordnet, dass Zuwendungsbestätigungen vom Empfänger auszustellen sind. Da als Zuwendungsempfänger nur die in § 49 EStDV genannten Einrichtungen in Betracht kommen, sind diese allein „Aussteller” der Zuwendungsbestätigungen (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2002, BStBl 2003 II S. 128). Gegenüber einer natürlichen Person greift die Ausstellerhaftung allenfalls dann ein, wenn die Person außerhalb des ihr zugewiesenen Wirkungskreises gehandelt hat. Auch hinsichtlich der Veranlasserhaftung ist die Körperschaft in Haftung zu nehmen, da durch die Haftung ein Fehlverhalten des Empfängers der Zuwendung im Zusammenhang mit der Spendenverwendung sanktioniert werden soll (BFH-Urteil vom 24.4.2002, a.a.O.). Die Haftung ist dabei verschuldensunabhängig und damit in Form einer Gefährdungshaftung ausgestattet.

 

1.2 Bis 31.12.1999: Körperschaft des öffentlichen Rechts als Durchlaufstelle und Aussteller der Spendenbestätigung

Bis 31.12.1999 konnten die steuerbegünstigten Körperschaften bei Verfolgung bestimmter gemeinnütziger Zwecke Spenden nur über eine Körperschaft des öffentlichen Rechts empfangen.

Stellte die Körperschaft des öffentlichen Rechts die Spendenbestätigung aus, ohne sich die Steuerbegünstigung des Letztempfängers nachweisen zu lassen, erfüllte sie nicht die ihr auferlegten haushalts- und aufsichtsrechtlichen Prüfungspflichten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.7.1978, l B 14/78, BStBl 1978 II S. 598), zu denen insbesondere das Verlangen des Nachweises der Steuerbegünstigung durch Vorlage des letzten Freistellungsbescheids bzw. der vorläufigen Bescheinigung gehörte. Sie handelte damit grob fahrlässig und erfüllt die in der Person des Ausstellers begründeten Voraussetzungen des § 10b Abs. 4 Satz 2 1. Alternative EStG.

Verließ sich die Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne genügende Überprüfung auf die unzutreffenden Angaben des Letztempfängers der Spende, hat dies keinen entlastenden Einfluss auf die Haftung der Durchlaufstelle. Da sie ihren Prüfungspflichten grob fahrlässig nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, trägt sie die steuerliche Verantwortung für die durch den Spendenabzug entgangene Steuer.

Nach Art. 34 GG geht hierbei die Haftung eines Bediensteten der Körperschaft des öffentlichen Recht, auch wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Spendenbestätigungen ausgestellt hat, auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts über.

 

1.3 Körperschaft, die nicht nach §§ 51 ff. AO als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt ist.

Es gelten die zu Tz. 1.1 genannten Grundsätze.

 

1.4 Sonstige Aussteller unrichtiger Zuwendungsbestätigungen bzw. Veranlasser der Fehlverwendung von Zuwendungen

1.4.1 Natürliche Person:

Ist eine natürliche Person Zuwendungsempfänger und stellt diese die unrichtigen Zuwendungsbestätigungen aus, so ist sie als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen.

1.4.2 BGB-Gesellschaft/Gemeinschaft:

Ist eine Gesellschaft/Gemeinschaft Zuwendungsempfänger, kommen zwar ein, mehrere oder alle Gesellschafter als Haftungsschuldner in Betracht. Vorrangig solle aber als Haftungsschuldner die handelnde Person in Anspruch genommen werden.

 

2. Bindung der Haftungsinanspruchnahme an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden

Der Haftungstatbestand ist an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden gekoppelt. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucksache 11/4305 vom 6.4.1989, zu 6. und 9. und Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss), BT-Drucksache 11/5582 vom 7.11.1989, zu „Spendenabzug”) müssen die Finanzämter bei der Haftungsprüfung stets die Gutgläubigkeit des Zuwendenden prüfen. Obwohl der pauschale Ansatz der Haftungssumme mit 10 % des zugewendeten Betrages gegen eine in jedem Einzelfall zu prüfende Verknüpfung des Haftungstatbestandes mit dem Vertrauensschutz beim Zuwendenden spricht, ist die Haftungsinanspruchnahme von einem bestehenden Vertrauensschutz abhängig.

Die Darlegungs- und Beweislast für die den Vertrauensschutz ausschließenden Gründe hat im Haftungsverfahren der Aussteller der unrichtigen Zuwendungsbestätigung. Der potentielle Haftungsschuldner hat daher auch die Möglichkeit ...

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