Rz. 816

Verlustausgleich zwischen mehreren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (§ 64 Abs. 2 AO)

Unterhält eine Körperschaft mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe sind, werden diese als ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt (§ 64 Abs. 2 AO). Die Behandlung als ein Betrieb wirkt sich entscheidend auf die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens und die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 AO aus. Eine Aufteilung der Erträge und Aufwendungen auf die einzelnen Geschäftsbetriebe kann unterbleiben.

 

Rz. 817

Entscheidende Bedeutung erlangt § 64 Abs. 2 AO hinsichtlich der Möglichkeit steuerbegünstigter Körperschaften, einen Verlustausgleich zwischen mehreren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben vornehmen zu dürfen, ohne dadurch die Gemeinnützigkeit zu verlieren.[1258] So kann der Verlust eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes innerhalb desselben Veranlagungszeitraums ohne weiteres durch Gewinne anderer steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe ausgeglichen werden.[1259]

 

Rz. 818

Die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft ist erst dann gefährdet, wenn die steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe insgesamt Verluste erwirtschaften.[1260]

 

Rz. 819

Ausgleich von Verlusten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes mit Mitteln und Vermögen des ideellen Bereiches und aus der Vermögensverwaltung

Es ist grundsätzlich nicht zulässig, Mittel des ideellen Bereichs, Gewinne aus Zweckbetrieben, Erträge aus der Vermögensverwaltung und das entsprechende Vermögen zum Ausgleich eines Verlusts des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu verwenden.[1261] Hat die Körperschaft bereits bei Begründung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs mit dem Eintritt von Dauerverlusten gerechnet oder sie billigend in Kauf genommen, so ist der damit eingetretene Verlust bereits dem Grunde nach gemeinnützigkeitsschädlich. Von der billigenden Inkaufnahme eines Verlusts ist beispielsweise dann auszugehen, wenn der Geschäftsbetrieb Leistungen unterhalb des marktüblichen Entgelts erbracht hat, indem er etwa den Mitgliedern Vorzugskonditionen eingeräumt hat oder auch erhöhte Entgelte für den Wareneinkauf, den Ankauf von Einrichtungsgegenständen o. Ä. gezahlt hat.[1262]

 

Rz. 820

Übernimmt eine steuerbegünstigte Körperschaft als Organträger eine Verlustübernahmepflicht, soll diese zumindest als solche – wie auch das Verlustrisiko eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – der Gemeinnützigkeit der Körperschaft nicht entgegenstehen.[1263]

 

Rz. 821

Unschädlich ist der Verlust eines – ggf. als einheitlich zu beurteilenden – wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach Ansicht der Finanzverwaltung, wenn dem ideellen Bereich in den sechs vorangegangenen Wirtschaftsjahren Gewinne des Geschäftsbetriebs in mindestens gleicher Höhe wie die nunmehr auszugleichenden Verluste zugeführt worden sind.[1264] Insoweit ist der Verlustausgleich im Entstehungsjahr als Rückgabe früherer, durch das Gemeinnützigkeitsrecht vorgeschriebener Gewinnabführungen anzusehen.[1265]

 

Rz. 822

Alternativ hierzu soll ein Ausgleich mit einer freien Rücklage i. ;S. d. § 58 Nr. 7 lit. a AO (ab 1.1.2014: § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) steuerunschädlich möglich sein.[1266] Als Argument wird insofern auf die zuvor genannte Ansicht der Finanzverwaltung verwiesen: Wenn bereits der Ausgleich von Verlusten mit Mitteln, die grundsätzlich für gemeinnützige Zwecke zu verwenden sind, möglich sein soll, müsse dies erst recht für solche Mittel gelten, für die das Gemeinnützigkeitsrecht selbst eine Ausnahme vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung statuiere.

 

Rz. 823

Darüber hinaus ist ein Verlust eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes für die Steuerbegünstigung einer Stiftung unschädlich, wenn er ausschließlich durch die Berücksichtigung von anteiligen Abschreibungen auf gemischt genutzte Wirtschaftsgüter entstanden ist und wenn das Wirtschaftsgut für den ideellen Bereich angeschafft oder hergestellt wurde und nur zur besseren Kapazitätsauslastung unter marktüblichen Bedingungen zeit- oder teilweise dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zur Nutzung überlassen wird.[1267] Das gilt nicht für selbstständige Gebäudeteile.

 

Rz. 824

Unschädlich ist der Verlustausgleich zudem dann, wenn der Verlust auf einer Fehlkalkulation beruht, die Körperschaft innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahres, in dem der Verlust entstanden ist, dem ideellen Tätigkeitsbereich wieder Mittel in entsprechender Höhe zuführt und die zugeführten Mittel nicht aus Zweckbetrieben, aus dem Bereich der steuerbegünstigten Vermögensverwaltung, aus Beiträgen oder aus anderen Zuwendungen, die zur Förderung der steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft bestimmt sind, stammen.[1268] Da steuerbegünstigte Körperschaften steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe regelmäßig nur unterhalten, um dadurch zusätzliche Mittel für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke zu beschaffen, kann nach Ansicht der Finanzverwaltung unterstellt werden, dass etwaige Verluste bei seit...

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