Rz. 763

Die subjektive Steuerfreiheit setzt voraus, dass die Stiftung sämtliche Mittel, nicht nur Einkommen, satzungsgemäß für gemeinnützige Zwecke verwendet. Die oben ausführlich beschriebenen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit (selbstlose, unmittelbare und ausschließlich gemeinnützige Zweckverwirklichung) müssen uneingeschränkt vorliegen. Liegen sie nur teilweise nicht vor, entfällt die Steuerbegünstigung insgesamt. Anderes gilt für die Voraussetzungen der Steuerfreiheit, die sich auf die Einkommenserzielung bzw. Mittelgewinnung der Stiftung beziehen. Insoweit kommt es auf die Abgrenzung ideeller Bereich – Vermögensverwaltung – wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – Zweckbetrieb an. Hier handelt es sich um eine Abschichtung des objektiven Umfangs der Steuerfreiheit. Die entscheidende Frage lautet, in welchem Umfang eine wegen ihrer Mittelverwendung als gemeinnützig anzuerkennende Stiftung oder andere Körperschaft auch bei der Einkommenserzielung steuerliche Vorteile genießen darf. Zwei Antworten sind denkbar: Wegen der Mittelverwendung für die "guten Zwecke" sollte die gemeinnützige Körperschaft auch bei sämtlichen Tätigkeiten zur Erzielung von Einkommen steuerlich entlastet sein. Dann könnte die Einrichtung den maximalen Nutzen für das Gemeinwohl leisten. Die andere Antwort, die der grundsätzlichen Steuerpflichtigkeit von Einnahmen aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb, kann sich darauf stützen, dass z. B. die Verwendung der Dividenden einer Automobilfabrik für einen Kindergarten nicht dazu führen kann, dass die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit der Automobilfabrik steuerbefreit erfolgen kann. Die mögliche Wettbewerbsverzerrung leuchtet unmittelbar ein.

 

Rz. 764

Der deutsche Gesetzgeber geht den letztgenannten Weg. Er unterwirft wirtschaftliche Aktivitäten steuerbefreiter Einrichtungen in einem nach der Zielsetzung der Befreiungsvorschrift nicht zu schützenden Bereich (kein Zweckbetrieb) der Steuer und wirkt damit einer durch steuerliche Belastungsunterschiede herbeigeführten Wettbewerbsverzerrung entgegen. Hierdurch trägt er dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts Rechnung.

 

Rz. 765

Lässt man einmal den Blick auf das Gemeinnützigkeitsrecht ausländischer Staaten schweifen, so zeigt sich, dass die deutschen Regeln – zumindest bei einem Vergleich mit den USA und Großbritannien – für die steuerfreie wirtschaftliche Betätigung zwar enger, aber nicht grundsätzlich anders angelegt sind.[1178]

 

Rz. 766

Eine subjektiv steuerbefreite Stiftung genießt den Vorzug der Spendenbegünstigung (mit Ausnahmen) oder der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerfreiheit als Begünstigte von Übertragungen auch dann, wenn sie ihr Einkommen teilweise aus einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielt. Zwar genießt die Stiftung Steuerfreiheit hinsichtlich ihres Einkommens nur außerhalb des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Festzuhalten bleibt jedoch, dass das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs die ausschließliche Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nicht verletzt. Begründung hierfür ist, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb überhaupt nicht Teil der Verfolgung der steuerbegünstigten Zwecke (Mittelverwendung), sondern allein Medium zur Erwirtschaftung von Mitteln ist (Einkommenserzielung). Die so erwirtschafteten Mittel müssen zur Bewahrung der Steuervorteile dann wieder ausschließlich für die steuerbegünstigten Zwecke der Stiftung verwendet werden.

 

Rz. 767

Anders fällt die Beurteilung dagegen aus, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zum verdeckten (Neben-) Zweck erhoben wird, weil dadurch das Gebot der Ausschließlichkeit verletzt ist.[1179] Dann ist die Gemeinnützigkeit und infolgedessen auch die Steuerbefreiung zu versagen.

 

Rz. 768

Zwischen den beiden Bereichen der Mittelverwendung und der Einkommenserzielung muss grundsätzlich sehr genau differenziert werden. So kann z. B. eine Körperschaft, deren nahezu gesamtes Vermögen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist, dennoch gemeinnützig und deshalb subjektiv steuerbefreit sein. Das durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielte Einkommen ist regulär zu versteuern, da insoweit keine Steuerfreiheit vorliegt (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer). Dennoch ist die Körperschaft berechtigt, ihren Spendern entsprechende Zuwendungsbestätigungen auszustellen oder genießt bei Schenkungen die entsprechende Schenkungsteuerfreiheit. Zum Erhalt der Steuerfreiheit muss die Körperschaft jedoch alle ihre Mittel mit Ausnahme der Vermögenssubstanz für gemeinnützige Zwecke verwenden. Sie dürfen grundsätzlich weder für nicht gemeinnützige Zwecke verwendet noch angesammelt werden. Ebenso wenig darf die Körperschaft anderweitig erhaltene Mittel wie Spenden in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb investieren oder Verluste ausgleichen. Handelt es sich aber um Zuschüsse, für die keine Spendenbescheinigung ausgestellt wird, ist die Verwendung im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zulässig. Unter gewissen Umständen sind auch Rücklagen im wirtschaftlichen Geschäf...

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