Rz. 738
Nach § 58 Nr. 7 lit. a AO (ab 1.1.2014: § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) kann eine steuerbegünstigte Körperschaft in einem bestimmten Rahmen Mittel einer freien Rücklage, sogenannte allgemeine Leistungsrücklage, zuführen. Diese Mittel dürfen bis zu
- höchstens einem Drittel aus Überschüssen der Vermögensverwaltung und
- höchstens 10 Prozent aus den übrigen Vermögenssphären stammen.
Werden diese Höchstgrenzen in einem Jahr nicht in voller Höhe ausgeschöpft, wird es ab 1.1.2014 zulässig sein, die nicht ausgenutzten Differenzbeträge in den zwei Folgejahren nachträglich in die Rücklagen einzustellen. Bislang lehnt die Finanzverwaltung eine Nachholung der Rücklagenbildung ab.[1149]
Rz. 739
Überschüsse aus der Vermögensverwaltung
Die freien Rücklagen aus Mitteln der steuerlich begünstigten Vermögensverwaltung dürfen nicht auch aus Mitteln anderer Bereiche wie z. B. eines Zweckbetriebs gebildet werden. Aus der Vermögensverwaltung darf jährlich höchstens ein Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Kosten aus der Vermögensverwaltung der freien Rücklage zugeführt werden.
Auch wenn Stiftungen hiermit die Möglichkeit eingeräumt wird, ihrer Bestandserhaltungspflicht nachzukommen, zeigt die Begrenzung auf ein Drittel, dass allein dieses "bescheidene Ziel" nach einem professionellen Vermögensmanagement verlangt. Bedenkt man, dass Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren im Schnitt heute extrem niedrig verzinst werden, ergibt sich unterBerücksichtigung der Kosten ein Zuführungspotential, das in den meisten Jahren kaum als Inflationsschutz ausreicht.[1150] Das zeigt, wie wichtig ein professionelles Vermögensmanagement für Stiftungen ist.[1151]
Rz. 740
Unter Kosten sind die Aufwendungen zu verstehen, die die Körperschaft als Werbungskosten ansetzen könnte, wäre sie nicht steuerbefreit. Gewinne aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen, die der Vermögensverwaltung dienen, können nicht in die freie Rücklage eingestellt werden. Sie sind wie das aus Umschichtungen entstandene Vermögen zu behandeln und gehören daher nicht zu den zeitnah zu verwendenden Mitteln.
Eine steuerbegünstigte Körperschaft erzielt im Jahr 2013 50.000 EUR Dividenden aus Wertpapieranlagen sowie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 20.000 EUR. Während den Dividenden keine Ausgaben gegenüberstehen, sind im Bereich der Vermietung und Verpachtung Ausgaben inklusive AfA in Höhe von 10.000 EUR entstanden. Eine Rücklagenbildung ist damit wie folgt möglich:
Einnahmen aus Kapitalvermögen | 50.000 EUR | |
Überschuss | 50.000 EUR | 50.000 EUR |
Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung | 20.000 EUR | |
./. Ausgaben | 10.000 EUR | |
Überschuss | 10.000 EUR | 10.000 EUR |
Gesamtüberschuss Vermögensverwaltung | 60.000 EUR | |
Mögliche Rücklagenzuführung | 20.000 EUR |
Rz. 741
Mittel aus den übrigen Vermögenssphären
Zusätzlich zu der Bildung einer freien Rücklage aus der Vermögensverwaltung ist eine steuerbegünstigte Körperschaft berechtigt, bis zu 10 Prozent ihrer sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel in die freie Rücklage einzustellen. Um eine Doppelbegünstigung zu vermeiden, dürfen die Mittel aus der Vermögensverwaltung in die Bemessungsgrundlage für die "10-Prozent-Rücklage" nicht mit einbezogen werden.[1152] Zu berücksichtigen sind nur die zeitnah zu verwendenden Mittel aus den übrigen Vermögenssphären wie Zweckbetrieben, steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und auch aus dem ideellen Bereich selbst (insbesondere Spenden). Im ideellen Bereich lässt die Finanzverwaltung die Bruttoeinnahmen als Bemessungsgrundlage zu. Ausgeschlossen von der Einstellung in die freie Rücklage sind dagegen Überschüsse aus Vermögensumschichtungen, da diese nicht zeitnah zu verwenden sind.
Rz. 742
Die laufenden Vermögenserträge aus der Anlage von Mitteln, die im Rahmen von Projektrücklagen im Sinne des § 58 Nr. 6 AO (ab 1.1.2014: § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO) zurückgelegt werden, dürfen nicht in die Rücklagendotierung nach § 58 Nr. 7 lit. a AO (ab 1.1.2014: § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) einbezogen werden.[1153] Die gegenteilige Sichtweise würde zu einer zusätzlichen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Überdotierung der freien Rücklage führen.
Rz. 743
Verwendung der in der Rücklage angesammelten Mittel
Die in der Rücklage nach § 58 Nr. 7 lit. a AO (ab 1.1.2014: § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) angesammelten Mittel dürfen von der Körperschaft auf Dauer ertragbringend angelegt werden (= Vermögensverwaltung) oder zu einem späteren Zeitpunkt für steuerbegünstigte satzungsmäßige Zwecke verwendet werden. Auch eine Verwendung beispielsweise zur Erhaltung der Kapitalquote bei Kapitalerhöhungen oder zur Erhöhung des eigenen Nennkapitals ist möglich.[1154]
Rz. 744
Unzulässig ist es, die Mittel für einen Verlustausgleich im Rahmen eines steuerpflichtigen Geschäftsbetriebs zu verwenden.[1155] Es bleibt jedoch die Möglichkeit, die freie Rücklage für die Errichtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu verwenden.[1156]
Rz. 745
Dauer der Rücklage
Unabhängig davon, aus welchem Bereich die Mittel für die freie...
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