Rz. 730

Auch wenn das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung als wesentlicher Grundsatz des Gemeinnützigkeitsrechts in seiner Reichweite klar definiert zu sein scheint, besteht mitunter die Gefahr einer Anwendung, die Umstrukturierungen von gemeinnützigen Einrichtungen behindert. Zu begrüßen ist daher, dass die Finanzverwaltung kürzlich ihre Auffassung zum Gebot der zeitnahen Mittelverwendung konkretisiert hat. Im Jahr 2004 versagte die Finanzverwaltung unter Berufung auf das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung einem gemeinnützigen Krankenhaus noch die Auslagerung von Hilfstätigkeiten auf eine Dienstleistungs- GmbH.[1136] Nun hat die Finanzverwaltung klargestellt, dass die Überlassung von einem Zweckbetrieb gewidmeten Räumlichkeiten an eine von einer gemeinnützigen Körperschaft beherrschten steuerpflichtigen Dienstleistungs-GmbH keine für die Gemeinnützigkeit schädliche Mittelverwendung darstellt.[1137]

 
Hinweis

Neue Rechtslage zum 1.1.2013

Durch die Lockerung des "Endowment-Verbots" zum 1.1.2014 wird es gemeinnützigen Körperschaften darüber hinaus künftig möglich sein, einen Teil ihrer Mittel an andere gemeinnützige Körperschaften zur Vermögensausstattung weiterzugeben (vgl. § 58 Nr. 3 AO n. F.).[1138]

 

Rz. 731

Der ursprüngliche, entgeltliche Erwerb von für einen Zweckbetrieb notwendigen Mitteln ist eine Form der Verwendung von Mitteln für satzungsmäßige Zwecke. Da ein Zweckbetrieb ausschließlich und unmittelbar den steuerbegünstigten Zwecken dient, können hier alle Mittel der gemeinnützigen Körperschaft verwendet werden.[1139] Es entsteht "nutzungsgebundenes" Vermögen.[1140]

 

Rz. 732

In der Verwaltungspraxis nicht durchgesetzt hat sich die Auffassung, wonach auch in der Vermögensverwaltung nutzungsgebundene Vermögensgegenstände existieren können, die von der Körperschaft in Erfüllung der Satzungszwecke mit zeitnah zu verwendenden Mitteln beschafft worden sind.[1141]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:"Zweck-Vermögensverwaltung"

Gehört es zu den satzungsmäßigen Aufgaben einer gemeinnützigen Forschungseinrichtung, Gastwissenschaftlern Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, kann sie ein eigenes Gästehaus betreiben, dessen Räumlichkeiten auch an Wissenschaftler vermietet werden. Dennoch steht bei dem Betrieb des Gästehauses nicht die Erzielung von Mieteinnahmen, sondern vielmehr die Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit im Vordergrund.[1142]

In der Praxis sollte mit dem zuständigen Finanzamt abgestimmt werden, ob die Verwendung von zeitnah gebundenen Mitteln im Bereich einer solchen "Zweck"-Vermögensverwaltung als zulässig angesehen wird.

[1136] Das Krankenhaus übertrug als steuerbegünstigte Körperschaft im Wege einer Ausgliederung nicht begünstigte Leistungen auf eine steuerpflichtige GmbH und stellte dieser anschließend Personal sowie Räumlichkeiten mit Inventar zur Ausführung der Dienstleistungen entgeltlich zur Verfügung. Die überlassenen Betriebsmittel waren zuvor dem ausgegliederten Zweckbetrieb zugeordnet. Die Finanzverwaltung vertrat hier die Ansicht, die Überlassung der Räume gefährde die Gemeinnützigkeit der Körperschaft, wenn die Räume ursprünglich aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert worden seien, vgl. OFD Frankfurt am Main, Rundverfügung v. 8.12.2004, S 0186 A-5-St II 1.03, DStR 2005 S. 600. Zur Kritik vgl. Meyn/Richter/Koss, Die Stiftung, 2. Aufl., Rz. 781 und Thiel/Eversberg, DB 2007, S. 191, 193.
[1137] Bayer. Landesamt für Steuern, Verfügung v. 2.11.2010, S 2729.2.1-5/2 St31, DStR 2010 S. 2518. Zur Betriebsaufspaltung bei der Ausgliederung von Serviceleistungen von gemeinnützigen Einrichtungen vgl. 804 ff.
[1138] Vgl. im Einzelnen Rn. 421.
[1139] Vgl. hierfür auch AEAO Nr. 25 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO (dazu Rn. 774 a. E.).
[1140] Instruktiv hierzu Thiel/Eversberg, DB 2007, S. 191, 192 f.
[1141] Thiel/Eversberg, DB 2007, S. 191, 192.
[1142] Nach Thiel/Eversberg, DB 2007, S. 191, 192.

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