Entscheidungsstichwort (Thema)

Bundesverfassungsrecht. Lohnfortzahlung. Feuerwehrdienst. Arbeitsunfähigkeit. Arbeiter/Angestellte. Erstattung. Erstattung einer Lohnfortzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Erstattung seiner Lohnfortzahlungsleistungen kann ein privater Arbeitgeber nach § 17 Abs. 2 Satz 1 FwG 1987 nur dann von der Gemeinde beanspruchen, wenn er die Leistung auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 LohnFG einem Arbeiter, erbringt, dessen Arbeitsunfähigkeit durch den Feuerwehrdienst verursacht worden ist.

2. Weder eine Analogie noch eine verfassungskonforme Auslegung gestattet es, § 17 Abs. 2 Satz 1 FwG 1987 auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, einem Angestellten nach § 616 Abs. 2 BGB die Vergütung weiterzugewähren.

3. § 17 Abs. 2 Satz 1 FwG begegnet nicht deshalb (verfassungs-) rechtlichen Bedenken, weil er Entgeltfortzahlungsleistungen an Angestellte von der Erstattung ausnimmt.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; FwG § 17 Abs. 2; BGB § 616; LohnFG § 1

 

Verfahrensgang

VG Freiburg i. Br. (Urteil vom 19.12.1989; Aktenzeichen 6 K 96/89)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. Dezember 1989 – 6 K 96/89 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens,

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Einkaufsgenossenschaft des Bäckerhandwerks. Herr … ist bei ihr als Angestellter tätig. Er ist daneben Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten. Bei einem Feuerwehreinsatz zog er sich am 3.9.1988 einen Bänderriß zu, der ihn 7 1/2 Wochen daran hinderte, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Die Klägerin zahlte ihm vom 5.9. bis 14.10.1988 sein Gehalt weiter und bat die Beklagte, ihr die für diese Zeit erbrachten Lohnfortzahlungsleistungen in Höhe von 5.581,56 DM zu erstatten.

Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 6.3.1989 ab, da eine Lohnkostenerstattung nach der gesetzlichen Regelung nur bei Arbeitern, nicht aber bei Angestellten in Betracht komme.

Die Klägerin hat am 16.5.1989 Leistungsklage erhoben und vorgetragen: Sie habe kraft Gesetzes einen Erstattungsanspruch. Sie habe zwar ihre Leistungen nicht nach dem Lohnfortzahlungsgesetz vom 27.7.1969, wohl aber nach einem anderen Gesetz erbracht, das die Lohnfortzahlung im Falle der Arbeitsunfähigkeit regle, nämlich nach § 616 Abs. 2 BGB. Der Gesetzgeber habe inzwischen ausdrücklich klargestellt, daß die Lohnfortzahlung an Arbeiter und Angestellte die gleichen Rechtsfolgen auslöse. Werde für die Zeit vor dieser Konkretisierung unterstellt, daß sich die gesetzliche Erstattungspflicht nicht auch auf Leistungen an Angestellte erstreckt habe, so müsse von einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke ausgegangen werden, die im Wege der Analogie zu schließen sei. Jede andere Sichtweise sei unvereinbar mit dem Gleichheitssatz.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten: Die Festlegung auf Lohnfortzahlungen nach dem LohnFG lasse keinen Zweifel daran zu, daß sich nach dem ursprünglichen Gesetzeswortlaut der Erstattungsanspruch auf Unfälle von Arbeitern habe beschränken sollen. Erst neuerdings seien die Angestellten in diese Regelung einbezogen worden. Hierbei sei kein Redaktionsversehen berichtigt, sondern eine materielle Änderung vorgenommen worden.

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Klage mit Urteil vom 19.12.1989 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Klägerin stehe nach der maßgeblichen Fassung des Feuerwehrgesetzes kein Erstattungsanspruch zu, weil sie dem bei ihr beschäftigten … keine Leistung nach dem LohnFG, sondern nach § 616 Abs. 2 BGB gewährt habe. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig. Der Gleichheitssatz zwinge zu keiner Erweiterung, da es im Ermessen des Gesetzgebers liege, den Kreis der Begünstigten zu bestimmen. Die unterschiedliche Behandlung sei nicht willkürlich, denn auch in anderem Zusammenhang gebe es Differenzierungen zwischen Angestellten und Arbeitern. Aus der Neufassung des Feuerwehrgesetzes könne die Klägerin keine Rechte für sich herleiten.

Gegen dieses ihr am 19.1.1990 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.2.1990 Berufung eingelegt.

Sie führt aus: Die Erstattungsregelung ziele darauf ab, ihre Schutzwirkungen auf alle Arbeitnehmer zu erstrecken. Das Unfallrisiko im Feuerwehrdienst sei bei Angestellten nicht geringer als bei Arbeitern. Die Belastung des Arbeitgebers mit Lohnfortzahlungskosten bestehe bei beiden Gruppen gleichermaßen. Jedenfalls müsse die Erstattungsregelung verfassungskonform so ausgelegt werden, daß sie nicht nur solchen Arbeitgebern zugute komme, die Arbeiter beschäftigten. Jede andere Lösung sei sozial unausgewogen. Die Erstattung der Lohnfortzahlungskosten sei keine gesetzgeberische Wohltat. Die Mitgliedschaft in einer Gemeindefeuerwehr sei immer mit Risiken verbunden, die sich oft genug im Falle eines Einsatzes als Unfall verwirklichten. Es sei nur recht und billig, dem Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich für die Lohnfortzahlung zu gewähren, zu der es nicht gekommen wäre, wenn der Angestellte nicht Mi...

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