Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Mitbestimmung. Umbau von Diensträumen. Gestaltung der Arbeitsplätze. Mitbestimmung beim Umbau von Betriebsräumen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob ein 265 qm großer Fernmeldevermittlungsraum mit 16 Gestellreihen, innerhalb dessen Beschäftigte während eines Teils ihrer Arbeitszeit an ständig wechselnden Stellen zum Teil mit Leitern Meß- und Reparaturarbeiten ausführen, für diese Beschäftigte einen Arbeitsplatz im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes des § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG (Gestaltung der Arbeitsplätze) darstellt.

2. Der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG (Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen) unterliegen nur Maßnahmen, die darauf angelegt sind, diesem Zweck zu dienen. Maßnahmen, die (nach Auffassung des Personalrats) geeignet sind, zu Gesundheitsschädigungen führen, werden von diesem Mitbestimmungstatbestand nicht erfaßt. Insoweit besteht ein Antragsrecht (Initiativrecht) des Personalrats nach § 70 Abs. 1 BPersVG.

3. Der Beteiligungstatbestand des § 78 Abs. 4 BPersVG (Anhörung bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen) verdrängt beim Vorliegen seiner Voraussetzungen die Mitbestimmung aus § 75 Abs. 3 Nr. 11 und Nr. 16 BPersVG.

 

Normenkette

BPersVG § 75 Abs. 3 Nrn. 11, 16, Abs. 4

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 15.12.1982; Aktenzeichen PVS 29/82)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 17.07.1987; Aktenzeichen 6 P 3.84)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 1982 – PVS 29/82 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Deutsche Bundespost beabsichtigte, im Bereich des Fernmeldeamtes …, und zwar im Fernmeldedienstgebäude der Ortsvermittlungsstelle … in der …, als neue Gruppenvermittlungsstelle die Gruppenvermittlungsstelle … einzurichten. Die dort vorhanden gewesenen alten technischen Einrichtungen waren durch anderweitige Maßnahmen überflüssig geworden und sollten abgebaut werden. Im überwiegenden Teil des Erdgeschosses sollte der 265 qm große Vermittlungsraum mit EMD-Technik ausgerüstet werden, im Untergeschoß sollte der Kabelaufteilungs-, der Gleichrichter- und Batterieraum unterbracht werden. Die neuen Einrichtungen der Gruppenvermittlungstechnik sollten in den Vermittlungsraum in 16 Gestellreihen zu je 11 m Länge aufgestellt werden. Zur Durchführung der Maßnahme waren im Fernmeldedienstgebäude umbauten notwendig (u.a. Erneuerung des Bodenbelags, Ausbau der wegen ihres schlechten Zustandes erneuerungsbedürftigen Fenster und der mit ihnen verbundenen Lüftungskanäle, Aufstellung neuer raumsparender Klimageräte). Das Fernmeldeamt … schlug der Oberpostdirektion Stuttgart unterm 1.3.1982 vor, dabei aus Sicherheitsgründen auch die von einer Durchfahrt in das Erdgeschoß führende Ladeluke zuzumauern. Die für den Fernmeldebetrieb zuständige Abteilung der Oberpostdirektion gab mit Planungsauftrag vom 13.5.1982 anderen für die Durchführung der Bauarbeiten zuständigen Referaten der Oberpostdirektion an, welche Umbauarbeiten im einzelnen aus betrieblichen Gründen notwendig seien. U.a. werde es aus Sicherheitsgründen zusätzlich für erforderlich gehalten, alle im Untergeschoß vorhandenen Fensteröffnungen zuzumauern, ferner diejenigen Fensteröffnungen im Erdgeschoß, die im Bereich des neuen Vermittlungsraumes liegen. Das Fenster im Prüf- und Meßraum sei gegen ein solches mit Sicherheitsverbundglas auszuwechseln. Die Aufnahme des Bauvorhabens in das Ausführungsprogramm werde umgehend veranlaßt. Ein Doppel des Schreibens leitete sie dem Antragsteller zur Kenntnisnahme zu.

Der Antragsteller machte der … der Oberpostdirektion gegenüber mit Schreiben vom 8.6.1982 geltend, daß das Schreiben beteiligungspflichtige Tatbestände enthalte. Das Schreiben solle zurückgezogen und ein Beteiligungsverfahren nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz eingeleitet werden. Demgegenüber erklärte die Abteilung mit Schreiben vom 22.6.1982, daß ein Mangel in dem gewählten Geschäftsgang nicht zu erkennen sei. Die vorgesehenen Maßnahmen seien durch die „Richtlinien für die Hochbau- und Haustechnischen Planung von Dienstgebäuden mit Fernmeldetechnik” vorgeschrieben und deshalb nicht beteiligungspflichtig.

Der Antragsteller hat im Juni 1982 das Verwaltungsgericht Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen – angerufen und beantragt, festzustellen, daß die Anordnung des Beteiligten, wonach die bisher vorhandenen Fensteröffnungen zu verschließen seien, der Mitbestimmung des Antragstellers bedürfe. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers vergebe sich aus § 75 Abs. 3 Nr. 16 (Gestaltung der Arbeitsplätze) und Nr. 11 (Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen) BPersVG. Es handle sich nicht nur um Räume für technischen Geräte, sondern gleichzeitig um Arbeitsplätze, da sich einzelne Beschäftigte im Vermittlungsraum des Erdgeschosses und in den Räumen des Unterg...

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