rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Prozesskostenvorschuss persönliche Angelegenheit. Ehegattenunterhalt. Rückforderung von Sozialhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtsstreit um die Rückforderung von Sozialhilfe betrifft keine „persönliche Angelegenheit” im Sinne von § 1360 a Abs. 4 BGB. Ein Beteiligter, der sich gegen die Rückforderung von Sozialhilfe wehrt, hat daher keinen vorrangigen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen seinen Ehegatten, der einer Gewährung von Prozesskostenhilfe entgegen stehen könnte.

 

Normenkette

BGB § 1360a Abs. 4; VwGO § 166; ZPO § 115 Abs. 1

 

Tenor

Der Beklagten wird für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen Prozesskostenhilfe ab dem XX.XX.2003 bewilligt und Rechtsanwältin D. K., H. Straße, M. zur Wahrnehmung ihrer Rechte beigeordnet. Die Beklagte hat ab dem XX.XX.2004 monatliche Raten von XXX EUR auf die Prozesskosten an die Landeskasse zu zahlen.

 

Gründe

Nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 bis 127 ZPO besteht ein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn ein Beteiligter die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Die Rechtsverfolgung der Beklagten bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der klagende Landkreis begehrt als örtlicher Träger der Sozialhilfe von der Beklagten die Rückzahlung eines Betrages von 8.688,69 EUR (16.993,60 DM), den er der Beklagten auf der Grundlage eines Darlehensvertrags vom XX.XX.1998 als Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt hat. Hintergrund dieser Gewährung von Sozialhilfe als Darlehen war der Umstand, dass die Beklagte Miteigentümerin eines Wohnungserbbaurechtes in M. war. Dieses Erbbaurecht verkaufte die Beklagte mit notariellem Vertrag vom XX.XX.1999 für XXX DM an ihre Mutter. Da das Erbbaurecht in dieser Höhe mit Grundpfandrechten belastet war, wurde der Kaupreis nicht durch Geldzahlung, sondern durch Ablösung der den Grundpfandrechten zugrunde liegenden Verbindlichkeiten erbracht. Der Kläger vertritt nun die Auffassung, das Grundstück bzw. das Erbbaurecht habe einen Verkehrswert von ca. XXX DM gehabt; die Veräußerung des Grundstücks durch die Beklagte an ihre Mutter sei eine teilweise Schenkung mit dem Ziel, sich der Zahlungsverpflichtungen an das Sozialamt zu entledigen. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die Schenkung von der Mutter zurückzufordern, soweit sie keine anderen Mittel für die Darlehensrückzahlung habe. Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, das Erbbaurecht sei beim Verkauf nicht mehr als XXX DM wert gewesen; deshalb sei ihr mit der Veräußerung des Erbbaurechts kein Vermögen zugeflossen, so dass sie nach dem Darlehensvertrag auch nicht zur Rückzahlung verpflichtet sei. Der Rückzahlungsanspruch, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, hängt somit vom Wert des Erbbaurechtes bei der Veräußerung durch die Beklagte an ihre Mutter ab. Dieser Wert ist zwischen den Beteiligten umstritten und wird derzeit vom Kläger durch die Einholung eines Verkehrswertgutachtens bei der Gemeinde geklärt. Im Hinblick hierauf bietet die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Beklagte kann die Kosten der Prozessführung gemäß § 115 Abs. 1 ZPO nur in Raten aufbringen. Die Höhe der Monatsraten ergibt sich aus § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO. Dabei sind vom Bruttoeinkommen der Beklagten (XXX EUR) die auf das Einkommen entrichteten Steuern (XXX EUR), die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung (XXX EUR), die Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen und ähnlichen Einrichtungen (XXX EUR), der angemessene Abzugsbetrag für Erwerbstätige (XXX EUR) und der Freibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO (XXX EUR) abzuziehen. Hieraus ergibt sich ein einzusetzendes Einkommen von XXX EUR.

Die Bedürftigkeit der Beklagten entfällt hier nicht etwa deshalb, weil ihr Ehemann verpflichtet wäre, ihr im Wege des Ehegattenunterhalts die Prozesskosten für das vorliegende Verfahren vorzuschießen. Zwar zählen Unterhaltsleistungen ihres Ehegatten zum Einkommen der Beklagten. Jedoch hat sie gegen ihren Ehemann keinen Unterhaltsanspruch wegen der Kosten des vorliegenden Gerichtsverfahrens. Dieser Anspruch ist geregelt in § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB. Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist nach dieser Vorschrift der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Danach kommt ein Prozesskostenvorschuss durch den Ehegatten nur für Rechtsstreitigkeiten in Betracht, die eine persönliche Angelegenheit betreffen. Persönliche Angelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift sind zunächst Angelegenheiten, die sich auf die mit der Person untrennbar verbundenen Güter von Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit beziehen. Ferner gehören hierzu Ansprüche, bei denen es um die Achtung der Menschenwürde und um die freie Entfaltung der Pers...

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