Leitsatz (amtlich)

  • § 21 Satz 1 AuslG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.
  • Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gebietet es nicht, § 21 Satz 1 GG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auch der in familiärer Gemeinschaft mit Mutter und Kind lebende mitsorgeberechtigte Vater eines im Bundesgebiet geborenen ausländischen Kindes diesem eine Aufenthaltserlaubnis vermitteln kann.
 

Verfahrensgang

Hamburgisches OVG (Beschluss vom 18.01.2001; Aktenzeichen 3 Bs 18/01)

VG Hamburg (Beschluss vom 04.12.2000; Aktenzeichen 22 VG 4325/2000)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine ghanaische Staatsbürgerin, begehrt eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland.

Die Mutter der Klägerin – ebenfalls ghanaische Staatsangehörige – reiste nach eigener Angabe mit einem Touristenvisum im April 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 16. April 1999 stellte sie einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und gab als Zweck des Aufenthaltes “Schwangerschaft” an. Mit Verfügung vom 5. Mai 1999 – bestandskräftig seit dem 29. Juni 1999 – wies die Beklagte sie aufgrund unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthaltes aus dem Bundesgebiet aus. Einen knappen Monat nach der Ausweisung am 3. Juni 1999 brachte sie die Klägerin in Hamburg zur Welt. Die Mutter der Klägerin hält sich seitdem geduldet im Bundesgebiet auf. Der Vater der Klägerin, ebenfalls ghanaischer Staatsangehöriger, ist – gegenwärtig noch – Inhaber einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Das Verwaltungsverfahren zur Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis wegen unrichtiger Angaben zum Bestand einer Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen ist eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen. Er hat die Vaterschaft für die Klägerin mit Urkunde vom 12. Juli 1999 anerkannt. Mit weiterer Urkunde vom 4. August 1999 haben die Eltern der Klägerin die gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben. Die Klägerin und ihre Eltern leben nunmehr – nachdem die Mutter der Klägerin ihren eigenen Wohnsitz und ihren Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nach eigener Angabe im Dezember 2002 aufgegeben hat – in familiärer häuslicher Gemeinschaft. Der Vater der Klägerin hat aus seiner früheren, inzwischen rechtskräftig geschiedenen Ehe mit einer Deutschen zwei Kinder, die in Hamburg leben und zu denen er – nach eigener Angabe – regelmäßig Kontakt hält.

Am 01. September 1999 stellt die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, den die Beklagte mit Verfügung vom 19. September 2000 ablehnte. Zur Begründung führte die Beklagte aus, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Satz 1 AuslG stehe der Klägerin nicht zu, da ihre Mutter die Voraussetzungen dafür nicht erfülle. Sie besitze weder – wie es § 21 Satz 1 AuslG verlange – eine Aufenthaltserlaubnis noch eine Aufenthaltsberechtigung. Vielmehr sei sie bestandskräftig aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Auch nach den Regelungen über den Kindernachzug gemäß § 20 AuslG ergebe sich kein Anspruch. Nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 AuslG i.V.m. § 17 AuslG sei es erforderlich, dass beide Elternteile jeweils eine Aufenthaltserlaubnis besäßen. Eine nach § 20 Abs. 3 AuslG mögliche Abweichung von § 20 Abs. 2 Nr. 1 AuslG komme nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27. September 2000 Widerspruch ein: Es bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus § 21 Satz 1 AuslG. Die Norm sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auch der mit der Mutter des Kindes nicht verheiratete Vater, der – wie hier – die elterliche Sorge gemeinsam mit der Mutter ausübe, den Anspruch vermitteln könne. Außerdem sei ein Anspruch aus § 20 AuslG herzuleiten. Die neue Regelung in § 1626a BGB sei Ausfluss des Art. 6 Abs. 1 GG. Das damit konstituierte Sorgerecht des nichtehelichen Vaters dürfe nicht angetastet werden. Das Kind dürfe vom sorgeberechtigten Kindesvater nicht getrennt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Das Aufenthaltsrecht der minderjährigen Klägerin richte sich nach dem Aufenthaltsrecht der Mutter, die hier aber über keinen Aufenthaltstitel verfüge. Mit ihrer am 23. Oktober 2000 anhängig gemachten Verpflichtungsklage verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Ziel, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Zur Begründung wiederholt sie die bereits im Widerspruch vorgetragenen Rechtsansichten.

Die Klägerin beantragt,

die Verfügung vom 19. September 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt...

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