Entscheidungsstichwort (Thema)

Relatives Maßnahmeverbot nach § 14 Abs. Nr. 2 SDG. Erziehungsbedürfnis eines Beamten. Dienstvergehen. Weitergabe von vertraulichen Informationen aus dem Justizvollzugsdienst hinsichtlich des Bestandes von Subutex-Tabletten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Maßnahmeverbot nach § 14 I Nr. 2 SDG besteht nur bei Vorliegen eines besonderen – weiteren – Erziehungsbedürfnisses des Beamten nicht. Ein solches Erziehungsbedürfnis liegt grundsätzlich nur bei Wiederholungsgefahr vor (Anwendung der Rechtsprechung des BVerwG zu §§ 14 BDO, 14 BDG auf § 14 SDG).

2. Ausnahmen von diesem Grundsatz können weder auf generalpräventive Erwägungen noch auf die Schwere des Dienstvergehens noch auf die Bemessung der Strafe im Strafverfahren gestützt werden.

 

Normenkette

BDG § 14; BDO § 14; StGB §§ 52, 203 Abs. 2, §§ 205, 353b Abs. 1, 4; StPO § 170 Abs. 2, § 8 Abs. 2 S. 1; SDG § 14 Abs. 1 Nr. 2, §§ 30, 34, 41 Abs. 1 S. 2, § 52 Abs. 2 S. 1; SBG § 68 Abs. 3, § 92 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Disziplinarverfügung vom 21.05.2007 – … – wird aufgehoben.

2. Die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Durch Disziplinarverfügung vom 21.05.2007 verhängte das beklagte Ministerium gegen den Kläger als Disziplinarmaßnahme eine Kürzung seiner monatlichen Dienstbezüge um 15 % für die Dauer von zwei Jahren, die es wie folgt begründete:

“I.

Der Beamte A… wurde 1970 in … geboren und ist ledig. Er trat am 1. April 1996 in den Vollzugsdienst ein und wurde 1998 zum Obersekretär im JVD z. A. ernannt. Am 2. Mai 2000 erfolgte die Ernennung zum Obersekretär im JVD. Der Beamte bezieht monatlich …

Am … 2006 erschien ein Bericht in der Bild-Zeitung – Saarlandteil –, wonach eine Beamtin der Justizvollzugsanstalt … an Gefangene Drogenersatzmedikamente verteilt, mit einem Gefangenen Geschlechtsverkehr gehabt und Liebesbotschaften von Gefangenen empfangen haben soll. Ein gleichlautender Bericht erschien am … 2006 in der bundesweiten Ausgabe der Bild-Zeitung. Bei der beschuldigten Beamtin handelte es sich um Frau B…, die ehemalige Lebensgefährtin des Beamten, deren retuschiertes Foto in der Bild-Zeitung zu den besagten Artikeln veröffentlicht wurde. Das im Jahr 2006 gegen Frau B… eingeleitete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … wegen des Verdachts der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln im Rahmen ihrer Dienstausübung wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Die Beamtin B… hatte zuvor die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst beantragt. Im Rahmen dieses Disziplinarverfahrens wurden unter anderem die Zeugen C… und D… vernommen. Die Akten des Disziplinarverfahrens B… sind als Beiakten zu dem vorliegenden Verfahren beigezogen worden. Das Verfahren gegen die Beamtin B… wurde zwischenzeitlich eingestellt.

Im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erhärteten sich im Mai 2006 die Verdachtsmomente gegen den Beamten A…, dass er der Informant der Bild-Zeitung war, sodass die Staatsanwaltschaft B-Stadt ein Ermittlungsverfahren gegen den Beamten wegen Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses pp. einleitete. Bei einer am … 2006 durchgeführten Durchsuchungsmaßnahme in der Wohnung des Beamten wurde diverses Beweismaterial sichergestellt. Unter anderem ein handgeschriebener Zettel, auf dem Aufzeichnungen zu finden sind, die im Zusammenhang mit den oben genannten Artikeln in der Bild-Zeitung stehen. Auf dem Zettel sind hinter dem Namen D… nach einem Doppelpunkt stichwortartig Begriffe fixiert, die sich zumindest teilweise auch in den Zeitungsartikeln wiederfinden, so zum Beispiel “Subutex vertickt, vor Gefangenenaussage” – “Sex mit Gefg. OTW und SB”.

Die Beamtin B… hat sich im Rahmen des gegen sie eingeleiteten Disziplinarverfahrens dahingehend geäußert, dass das in der Bild-Zeitung retuschiert veröffentlichte Foto sich bis zur Veröffentlichung im alleinigen Besitz des Beamten A… befunden habe, da bei ihrer Trennung ein Karton mit privaten Fotos, darunter auch jenes, bei dem Beamten A… verblieben sei. Nach Aussagen des Zeugen D… habe der Beamte A… im Rahmen eines Gespräches die von der Beamtin B… auf dem besagten Foto eingenommene Pose derart detailliert beschrieben, dass der Zeuge D… das Foto bei der Veröffentlichung in der Bild-Zeitung problemlos erkannte. Darüber hinaus hat der Zeuge angegeben, dass sich der Beamte A… bereits vor Erscheinen des Zeitungsartikels ihm gegenüber zu den in dem Artikel zu lesenden Behauptungen detailliert geäußert habe. Insbesondere hat der Zeuge D… zugegeben, dass er den Beamten A… während eines Telefongesprächs über den angeblichen Fehlbestand von 16,5 Tabletten Subutex in der Justizvollzugsanstalt … informiert habe.

Der Beamte A… hatte im Februar 2006 in der Hosentasche der Beamtin B… neben zwei Postkarten, die Gegenstand eines ersten Disziplinarverfahrens gegen die Beamtin B… waren, zusätzlich noch einen von der Beamtin handgeschriebenen Zettel gefunden. Auf diesem Zettel ist das Zita...

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