Entscheidungsstichwort (Thema)

Tattags-Prinzip bei der Bewertung von Punkten im Verkehrszentralregister

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der Punktebewertung nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 StVG hat die Straßenverkehrsbehörde kein Ermessen.

2. Für die Bewertung ist das sog. Tattags-Prinzip maßgebend (BVerwG, Urteile vom 25.09.2008, 3 C 3.07 und 3 C 21.07).

 

Normenkette

VwGO § 80; StVG § 4 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 7 S. 2

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegenüber dem Bescheid des Antragsgegners vom 13.02.2009, mit welchem ihm die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr im Hinblick auf den Stand von 18 Punkten im Verkehrszentralregister gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 StVG mit sofortiger Wirkung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 StVG) entzogen worden ist. Sein sinngemäßer Antrag, die aufschiebende Wirkung des von ihm gegen die Entscheidung eingelegten Widerspruchs anzuordnen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Halbsatz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 VwGO und § 4 Abs. 7 Satz 2 StVG statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet.

Zunächst ist die Antragsgegnerin zutreffend unter Hinweis auf §§ 4 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 7 Satz 2, Halbsatz 2 StVG vom Entfallen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Anordnung im Sinne von § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausgegangen. Mit dem gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung hat der Gesetzgeber verdeutlicht, dass das private Interesse des Antragstellers, bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein Fahrzeug führen zu dürfen, hinter dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung zurückstehen muss, weil er sonst die Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen sowie den Schutz hochrangiger Rechtsgüter, wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, vor Schäden, zu denen ein von einem ungeeigneten Kraftfahrer verursachter Verkehrsunfall führen kann, nicht als gewährleistet angesehen hat.

Die vorliegend vom Gericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Entscheidung richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des von ihm ergriffenen Rechtsbehelfs schwerer wiegt. Im Rahmen der hiernach vorzunehmenden Interessenabwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu berücksichtigen. Dabei gebührt dem öffentlichen Interesse entsprechend der dargelegten gesetzlichen Vorgabe für den Regelfall dann der Vorrang, wenn der Rechtsbehelf nach dem derzeitigen Erkenntnisstand und nach Maßgabe des Prüfungsumfangs im vorläufigen Rechtsschutzverfahren aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Erweisen sich die Erfolgsaussichten der Hauptsache als offen, erfordert die Entscheidung eine vom Vorstehenden unabhängige Abwägung des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug mit dem privaten Interesse des Fahrerlaubnisinhabers, bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin als Kraftfahrzeugführer am Verkehr teilnehmen zu können.

Hiervon ausgehend kann der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht beanspruchen, denn die angefochtene Verfügung des Antragsgegners erweist sich bei summarischer Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als rechtmäßig, so dass der Widerspruch des Antragstellers aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird.

Soweit sich der Antragsteller zur Darlegung der Rechtswidrigkeit des dem Verfahren zugrunde liegenden Bescheides darauf beruft, die ergangene Entziehung der Fahrerlaubnis sei ermessensfehlerhaft, verkennt er, dass die hier fragliche Vorschrift des § 4 Abs. 3 Nr. 3 StVG der Straßenverkehrsbehörde kein Ermessen eröffnet. Danach hat die Behörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich 18 oder mehr Punkte ergeben, da der Betroffene dann als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt. Das Erreichen dieser Punktzahl, das für den Kläger bezogen auf den Zeitpunkt der Entziehung der Fahrerlaubnis durch den dem Verfahren zugrunde liegenden Bescheid unstreitig feststeht, bewirkt auf der Grundlage des Punktesystems die grundsätzlich nicht widerlegliche gesetzliche Ungeeignetheitsvermutung. Dabei kommt es im Rahmen der von dem Antragsgegner vorzunehmenden Bewertung auf das Tattags-Prinzip an, ohne dass von Bedeutung ist, ab wann die Rechtskraft der Ahndung der Verkehrsverstöße – grundsätzlich können nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister erfasst und der Punktebewertung zugrunde gelegt werden – eingetreten ist. Diese Grundsätze ergeben sich nunmehr eindeutig aus den

Urteilen des BVerwG vom 25.09.2008, 3 C 3.07, zfs 2009, 113 ff., und 3 C 21.07, zfs 2009, 118 ff.; vgl. zur Problematik ...

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