Leitsatz

Der Kläger ist der nichteheliche Vater eines minderjährigen Kindes, des Beklagten zu 2). Das Jugendamt (Beklagte zu 1)) erwirkte als Beistand im Januar 2000 gegen den Kläger einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss. Die Beklagte zu 1) zahlte Leistungen an den Beklagten zu 2) nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG).

Der Kläger verbüßte bis September 2002 eine Freiheitsstrafe. In der Zeit von Juli 2004 bis November 2004 lebte er zusammen mit der Beklagten zu 2) und deren Mutter. Unterhalt hat er nicht geleistet. Er war nur zeitweise erwerbstätig.

Im Februar 2005 beantragte die Beklagte zu 1) eine vollstreckbare Teilausfertigung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses, die erteilt wurde.

Die Beklagte zu 2), vertreten durch ihre Mutter, forderte den Kläger mit anwaltlichem Schreiben im April 2005 zur Auskunftserteilung und Zahlung von Kindesunterhalt auf.

Der Kläger begehrte mit der Vollstreckungsgegenklage die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss für die Zeit bis Dezember 2004. Er wandte Verwirkung ein, da die Beklagte zu 2) den titulierten Unterhalt über Jahre hinweg nicht geltend gemacht hatte. Für die Zeit des Zusammenlebens sei im Übrigen Unterhalt in Form von Naturalunterhalt gewährt worden.

Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers wurde erstinstanzlich zurückgewiesen.

Die hiergegen von ihm eingelegte Beschwerde war erfolgreich.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Auf die Beschwerde des Klägers gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss hat das OLG ihm Prozesskostenhilfe bewilligt. Nach dortiger Auffassung waren die Unterhaltsansprüche zum Teil erloschen, zum Teil verwirkt.

Für die Zeit des Zusammenlebens mit der Beklagten zu 2) und deren Mutter seien die Unterhaltsansprüche erloschen. Für die Zeit vor dem Zusammenleben seien die Ansprüche verwirkt, da sie zu spät geltend gemacht worden seien. Die Verwirkung sei ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Voraussetzung hierfür sei, dass der Berechtigte seinen Anspruch über längere Zeit nicht geltend gemacht habe, obgleich er hierzu in der Lage gewesen wäre und der Verpflichtete sich darauf einstellen konnte, dass dieses Recht auch zukünftig nicht mehr geltend gemacht werden.

Von einem Unterhaltsgläubiger müsse eine zeitnahe Durchsetzung seiner Ansprüche erwartet werden, da Unterhaltsrückstände anderenfalls zu einer erdrückenden Last anwachsen könnten. Bei Vorliegen eines Titels werde eine Durchsetzung binnen eines Jahres erwartet, anderenfalls sei das Zeitmoment bereits erfüllt.

Da im vorliegenden Fall über mehrere Jahre keine Vollstreckungsversuche unternommen worden seien, sei eine Durchsetzung der rückständigen Ansprüche verwehrt. Der Kläger habe sich darauf einstellen können, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

 

Hinweis

In der anwaltlichen Praxis ist dem Unterhaltsgläubiger dringend anzuraten, seine Unterhaltsansprüche zeitnah einzufordern und titulieren zu lassen bzw. auch bei Vorliegen eines Titels die Vollstreckung hieraus zu betreiben. Nur mit einer zeitnahen Geltendmachung der Ansprüche kann der Unterhaltsgläubiger dem Argument des Unterhaltsschuldners begegnen, er habe darauf vertrauen dürfen, für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 08.09.2006, 10 WF 148/06

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