Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung titulierter Unterhaltsansprüche

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein titulierter Unterhaltsanspruch erlischt für den Zeitraum, für den Unterhalt in Natur geleistet wird.

2. Die Geltendmachung rückständigen titulierten Unterhalts ist verwirkt, wenn der Gläubiger eine Frist von über einem Jahr hat verstreichen lassen.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 362, 1612a I; ZPO § 767

 

Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Beschluss vom 02.06.2006; Aktenzeichen 40 F 119/06)

 

Tenor

I. Das Verfahren wird von dem Einzelrichter auf den Senat übertragen (§ 568 Satz 2 ZPO).

II. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 26.6.2006 wird der Beschluss des AG - FamG - Recklinghausen vom 2.6.2006 abgeändert:

Dem Kläger wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T in C zu den Bedingungen eines beim AG in Recklinghausen ansässigen Anwaltes für folgende Anträge bewilligt:

1. Die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG Recklinghausen vom 20.1.2000 - 43 FH 30/99, wird für unzulässig erklärt, soweit Unterhaltsrückstände gegen den Kläger für die Zeit vom 1.12.1999 bis 31.7.2003 i.H.v. 4.970,96 EUR geltend gemacht werden.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, dem Kläger die vollstreckbare Teilausfertigung zum Unterhaltsbeschluss des AG Recklinghausen vom 20.1.2000 - 43 FH 30/99, ausgefertigt i.H.v. 4.970,96 EUR am 22.4.2005, herauszugeben.

3. Die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2) (das ist das minderjährige Kind H F, geb. ..., vertreten durch die Kindesmutter, Frau B P, geb. F, F-Straße, 1 F) aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG Recklinghausen vom 20.1.2000 - 43 FH 30/99, wird für unzulässig erklärt, soweit Unterhaltsrückstände gegen den Kläger für die Zeit vor dem 1.12.2004 geltend gemacht werden.

4. Die Vollstreckung aus der vollstreckbaren Teilausfertigung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vom 20.1.2000 des AG Recklinghausen, dem Kläger am 1.3.2000 zugestellt, in Höhe eines Betrages von 4.970,96 EUR, wird bis zur Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache einstweilen eingestellt.

 

Gründe

A. Der Kläger ist der nichteheliche Vater der am ... geborenen Beklagten zu 2). Diese erwirkte, vertreten durch das Jugendamt der Stadt I als Beistand, unter dem 20.1.2000 gegen ihn einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss. Zahlungen hierauf leistete der Kläger nicht. Die Beklagte zu 1) leistete in der Zeit vom 1.12.1999 bis 31.7.2003 Leistungen nach dem UVG an die Beklagte zu 2) i.H.v. 4.970,96 EUR.

Der Kläger verbüßte bis 13.9.2002 eine Freiheitsstrafe. Nachfolgend übte er zeitweise Erwerbstätigkeiten aus.

Ab dem 17.7.2004 lebte er mit der Beklagten zu 2) und ihrer Mutter zusammen, bis sich die Kindeseltern Ende November 2004 erneut im Streit trennten.

Im Februar 2005 beantragte die Beklagte zu 1) eine vollstreckbare Teilausfertigung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses, die am 22.4.2005 erteilt worden ist.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 5.4.2005 forderte die Beklagte zu 2), vertreten durch ihre Mutter, den Beklagten zur Auskunftserteilung über sein Einkommen und zur Zahlung von Kindesunterhalt ab sofort auf.

Beide Beklagten sind der Auffassung, sie könnten nach wie vor wegen Rückständen vor dem 1.12.2004 aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vollstrecken.

Der Kläger begehrt im Wege der Vollstreckungsgegenklage die Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss, soweit sie die Zeit vor Dezember 2004 betrifft.

Er ist der Auffassung, Unterhaltsansprüche seien verwirkt, weil die Beklagte zu 2) den titulierten Unterhalt über Jahre nicht geltend gemacht hätten. Für die Zeit des Zusammenlebens in 2004 seien Unterhaltsansprüche durch anderweitige Unterhaltsgewährung, nämlich Naturalunterhalt, erfüllt. Des Weiteren habe die Kindesmutter bereits bei der Erwirkung des Unterhaltsfestsetzungsbescheides gewusst, dass er in Haft und damit leistungsunfähig gewesen sei.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, ein Verwirkungstatbestand sei nicht gegeben. Die Beklagte zu 1) behauptet dazu, sie habe den Kläger im Februar 2004 zur Zahlung aufgefordert.

Das AG hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zurückgewiesen. Es hat zur Begründung -unter Bezugnahme auf den Vorwurf der Erwirkung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses in Erkenntnis der Inhaftierung - ausgeführt, es sei fraglich, ob etwaiges Fehlverhalten der Kindesmutter der Beklagten zu 2) zuzurechnen sei. Im Übrigen fehle es an einem subjektiven Moment.

Hiergegen wehrt sich der Kläger mit der sofortigen Beschwerde.

B. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nach § 127 II 2 ZPO zulässig.

Sie hat in dem Umfang der Beschwerde auch Erfolg.

I. Unterhaltsansprüche der Beklagten zu 2) Unterhaltsansprüche der Beklagten zu 2) sind, soweit sie den Zeitraum vor dem 1.12.2004 betreffen, zum Teil erloschen und im Übrigen verwirkt.

1. Zeitraum vom 17.7.2004 bis 30.11.2004

Soweit es vorliegend um Unterhaltsansprüche für die Zeit vom 17.7.2004 bis 30.11.2004 geht, in welcher der Kläger ...

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