Leitsatz

Die Eltern stritten sich um den Umgang des Vaters mit einem im Jahre 1997 geborenen gemeinsamen Kind. Die Eltern hatten zwischen April 1997 und Juni 1998 zusammengelebt. Die elterliche Sorge wurde von der Mutter alleine ausgeübt.

Sie vertrat die Auffassung, gegen den Vater bestehe der Verdacht des sexuellen Missbrauch des Kindes. Das OLG hatten den bereits seit November 1999 nicht mehr erfolgten Umgang mit Beschluss vom 28.1.2004 ausgeschlossen, weil das zwischen den Eltern bestehende Verhältnis einen Umgang nicht zulasse. Auf die Verfassungsbeschwerde des Vaters hob das BVerfG (BVerfG v. 9.6.2004 - 1 BvR 487/04 = FamRZ 2004, 1166) den Beschluss auf und verwies das Verfahren an das OLG zurück. Die Kindesmutter weigerte sich, das Kind durch eine Sachverständige begutachten zu lassen.

Das erstinstanzliche Gericht hat dem Antrag des Kindesvaters auf eine Neuregelung des Umgangs stattgegeben und zunächst begleitete Umgangskontakte geregelt.

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat die Kindesmutter befristete Beschwerde eingelegt mit dem Begehren, den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und den Antrag des Kindesvaters auf Abänderung des Umgangs abzuweisen.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hat der Kindesmutter die elterliche Sorge bezüglich des Teilbereichs der Begutachtung entzogen und dem Jugendamt als Pfleger übertragen. Es hat die Mutter ferner zur Herausgabe des Kindes verpflichtet sowie den Gerichtsvollzieher beauftragt, ihr das Kind notfalls unter Anwendung von Gewalt wegzunehmen und dem Pfleger zu übergeben. Zur Begründung führte das OLG aus, das Kindeswohl werde durch die Weigerung der Mutter, das Kind begutachten zu lassen, gefährdet. Ohne die Begutachtung könne der Senat nicht feststellen, ob im Interesse des Kindes Umgangskontakte mit dem Vater einzuschränken seien. Die bisherigen Ergebnisse des Sachverständigengutachtens ergäben schwerwiegende Anhaltspunkte dafür, dass nur aufgrund der erheblichen Beeinflussung des Kindes durch die Mutter derzeit ein geregelter Umgang nicht möglich sei. Die kurzzeitige Herausnahme des Kindes aus dem mütterlichen Haushalt sei zur Begutachtung erforderlich. Angesichts der konsequenten Weigerung der Mutter sei der Gerichtsvollzieher zu beauftragen, das Kind ggf. unter Anwendung von Gewalt wegzunehmen, um die Begutachtung durchsetzen und realisieren zu können.

 

Hinweis

Verweigert ein Elternteil hartnäckig das Umgangsrecht des anderen Elternteils mit dem gemeinsamen Kind, stellt sich die Frage, ob dem sorgeberechtigten Elternteil nicht nur bezogen auf die Begutachtung, sondern auch auf den gesamten Bereich des Umgangsrechts die elterliche Sorge zu entziehen und einem Umgangspfleger zu übertragen ist (vgl. u.a. OLG Hamm v. 10.2.2005 - 4 WF 30/05 = FamRZ 2005, 1772).

Voraussetzung hierfür ist allerdings eine durch die Umgangsverweigerung bedingte Gefährdung des Kindeswohls.

Das OLG Frankfurt hat in einem Fall gemeinschaftlicher elterlicher Sorge, in dem ein Elternteil das Umgangsrecht des anderen Elternteils hartnäckig verweigerte, die elterliche Sorge dem anderen Elternteil gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB allein übertragen (OLG Frankfurt v. 19.04.2005 - 6 UF 155/04, FamRB 2006, 299).

 

Link zur Entscheidung

OLG Rostock, Beschluss vom 20.04.2006, 11 UF 57/01

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