1 Leitsatz

Nach Beendigung des Verwaltervertrages hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter einen Anspruch auf Herausgabe von allem, was der Verwalter zur Ausführung seiner Verwaltertätigkeit erlangt hat, insbesondere sämtlicher Verwaltungsunterlagen. Die gerichtliche Geltendmachung des Herausgabeanspruchs setzt einen Beschluss der Wohnungseigentümer voraus; die Verwaltungsunterlagen müssen nicht zwingend im Prozessverfahren einzeln bezeichnet werden.

2 Normenkette

§ 26 WEG; § 667 BGB

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer berufen B als Verwalter zum 31.12.2016 ab. Am 23.3.2017 übergibt B an den neuen Verwalter Unterlagen. Die Wohnungseigentümer sind der Ansicht, es fehlten welche. Sie beschließen daher, von B die Herausgabe der restlichen Unterlagen bis Ende des Jahres 2019 zu verlangen. Dieser Aufforderung kommt B, insbesondere in Bezug auf E-Mail-Schriftverkehr, nicht nach.

Jetzt erhebt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K gegen B eine Herausgabeklage, u. a. auf "sämtliche EDV-Daten". Sie ist der Ansicht, B sei noch im Besitz der geltend gemachten Unterlagen. B sei auch zur Herausgabe verpflichtet, da die Aufbewahrungsfrist mindestens 10 Jahre betrage. B meint, nicht zur Herausgabe verpflichtet zu sein. Zum einen sei der Antrag teilweise zu unbestimmt, da der Begriff "sämtliche EDV-Daten" nicht spezifizierbar sei. Gleiches gelte für den internen Schriftverkehr (E-Mail-Verkehr). Hinsichtlich des Herausgabeverlangens für die Wohnflächenberechnung, Kubikmeterangaben, Grundrisse und Grundbuchauszüge meint B, der Klage fehle ein Rechtsschutzbedürfnis, da die einzelnen Wohnungseigentümer diese Unterlagen hätten und K sich diese von den Wohnungseigentümern vorlegen lassen könne. In Bezug auf Herausgabe des Aufteilungsplans meint B, er wisse überhaupt nicht, was hiermit begehrt werde. Die Jahresabrechnungen der Jahre 2011 bis 2013 müsse er nicht herausgeben, da die Aufbewahrungsfrist von 6 Jahren abgelaufen sei.

4 Die Entscheidung

Die Klage hat überwiegend Erfolg! Nach Beendigung des Verwaltervertrages habe eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber einem Verwalter einen Anspruch auf Herausgabe von allem, was der Verwalter zur Ausführung seiner Verwaltertätigkeit gem. §§ 675, 667 BGB erlangt habe, insbesondere aller Verwaltungsunterlagen. Die Verwaltungsunterlagen müssten nicht zwingend im Prozessverfahren einzeln bezeichnet werden, da ein Vollstreckungstitel gem. § 888 ZPO vollstreckt werde (Hinweis auf OLG Hamburg, Beschluss v. 20.8.2007, 2 Wx 117/06).

K habe auch einen Anspruch auf Herausgabe der E-Mail-Korrespondenz. B sei Recht zu geben, dass die Aufbewahrungsfrist nach § 147 AO, die auch für die Aufbewahrung der Verwaltungsunterlagen gelte, abgelaufen sei (Hinweis u. a. auf LG Köln, Urteil v. 13.8.2009, 29 S 11/09). Im Hinblick auf die weiteren EDV-Daten gelte dies aber nicht, da diese nach §§ 147 Abs. 1 Nr. 1, 147 Abs. 3 AO 10 Jahre aufzubewahren seien. K habe auch einen Herausgabeanspruch auf Herausgabe der Wohnflächenberechnungen, der Kubikmeterangaben, der Grundrisse, der Grundbuchauszüge und des Aufteilungsplans des Wohnungseigentumsanlage. B habe nicht in Abrede gestellt, diese Unterlagen erhalten zu haben. Da es sich hierbei um Unterlagen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handele, die mit der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung vergleichbar seien, seien diese dauerhaft aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist des § 147 AO gelte nicht.

K habe ferner einen Anspruch auf Herausgabe der Einzelhausgeldabrechnungen für die Jahre 2012 und 2013 sowie der Heizkostenabrechnungen der Jahre 2011 bis 2013, der verbuchten Belege der Jahre 2011 bis 2013 sowie der Unterlagen der Heizungserneuerung der Jahre 2011/2012. Lediglich der Anspruch auf Herausgabe der Einzelhausgeldabrechnungen des Jahres 2011 und der Unterlagen eventuell vorliegender Rechtsstreitigkeiten sei nicht gegeben. B habe nämlich vorgetragen, dass die Jahresabrechnung 2011 nicht erstellt worden sei und es keine Rechtsstreitigkeiten gegeben habe. Die Aufbewahrungsfrist für die Jahresabrechnungen, Buchungsbelege, Heizkostenabrechnungen und für die Unterlagen der Heizungserneuerung betrage nach § 147 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4, Abs. 3 AO 10 Jahre.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es einerseits um die Frage, welche Pflichten eine Verwaltung trifft, die abberufen wird (konkret geht es um die Pflicht, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Verwaltungsunterlagen herauszugeben). Andererseits geht es um die Frage, wie lange die Verwaltung Verwaltungsunterlagen aufzubewahren hat.

Herausgabe der Verwaltungsunterlagen

Das AG bejaht die Pflicht zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen, die es aus dem Verwaltervertrag herleitet. Die Herausgabepflicht dürfte allerdings auch eine Quelle in der Stellung der Verwaltung als Amtsträger haben. Die Bejahung dürfte auch unstreitig sein. Die Herausgabepflicht bezieht sich nicht nur auf die im Zuge der Verwaltertätigkeit in Papierform erhaltenen und angelegten Unterlagen, sondern selbstverständlich auch auf die im Zuge der Verwaltertätigkeit in "ED...

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