Die Wohnungseigentümer können gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG in Ergänzung oder Abweichung der Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes ihr Verhältnis untereinander regeln und diese Vereinbarungen gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG durch Grundbucheintragung zum Inhalt des Sondereigentums machen. In all den Bereichen, in denen den Wohnungseigentümern mangels gesetzlicher oder vereinbarter Öffnungsklausel keine Beschlusskompetenz eingeräumt ist, müssen sie also Vereinbarungen treffen.

2.1 Rechtsnatur

Die Vereinbarung wird als schuldrechtlicher Kollektivvertrag bezeichnet, da sämtliche Wohnungseigentümer als Vertragspartei fungieren. Ihr Inhalt wird durch die Eintragung in das Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums verdinglicht. Der Grundbucheintragung bedarf es allerdings nicht zur Begründung der Vereinbarung, sondern zur Bindung der Sondernachfolger von Wohnungseigentümern. Die Vereinbarung hat regelmäßig rechtsgestaltende Wirkung für die Zukunft des Gemeinschaftsverhältnisses. Als Vertrag kommt eine Vereinbarung also nur durch Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer zustande. Als Vertrag unterliegt die Vereinbarung den für Willenserklärungen geltenden Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB, Allgemeiner Teil), weshalb sie z. B. wegen arglistiger Täuschung oder Irrtums angefochten werden oder auch nichtig sein kann. Eine Vereinbarung unklaren Inhalts ist nach Wortlaut und Sinn auszulegen. Verbleiben auch nach der Auslegung noch Unklarheiten oder Widersprüche, gilt die gesetzliche oder früher vereinbarte Regelung.

 
Praxis-Beispiel

Vom Gesetz abweichende Erhaltungsverpflichtung muss eindeutig sein

Eine Vereinbarung, nach der ein Wohnungseigentümer die Kosten für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen hat, muss klar und eindeutig sein. Im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit. Von der gesetzlichen Zuständigkeit und Kostenverteilung abweichende Vereinbarungen sind als Ausnahmeregelung eng auszulegen.[1]

Die bedeutendste Vereinbarung der Wohnungseigentümer stellt in aller Regel die Gemeinschaftsordnung dar, die allerdings regelmäßig gerade nicht von den Wohnungseigentümern vereinbart, sondern von dem teilenden Eigentümer bzw. Bauträger als Bestandteil der Teilungserklärung entworfen wird. Allerdings dürfen die Begriffe Gemeinschaftsordnung und Teilungserklärung nicht synonym verwendet werden. Die Teilungserklärung regelt nämlich die sachenrechtlichen Grundlagen, während die Gemeinschaftsordnung allein die Ausgestaltung des Verhältnisses der Eigentümer untereinander regelt. Sachenrechtliche Zuordnungsfragen können niemals Gegenstand einer Vereinbarung sein.

2.2 Fehlende Vereinbarungskompetenz

Zwar findet eine allgemeine Inhaltskontrolle der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung regelmäßig nicht statt. Zwingende gesetzliche Regelungen können allerdings auch durch Vereinbarung nicht ersetzt bzw. geändert werden. Grenzen setzen hier zunächst die Bestimmungen der §§ 134, 138 und 242 BGB.[1] Auch spezialgesetzlich sind den Wohnungseigentümern Grenzen ihrer Vereinbarungskompetenz gesetzt.

  • So kann keine Haftung des Erstehers in der Zwangsversteigerung für Hausgeldrückstände des Wohnungseigentümers vereinbart werden.[2]
  • Bei der Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten sind stets die Vorschriften der Heizkostenverordnung zu beachten.[3]
  • Das sachenrechtliche Grundverhältnis kann nicht Gegenstand einer Vereinbarung sein.

2.2.1 Kein Eingriff in unentziehbare und unverzichtbare Rechte/Grundprinzipien des WEG

Durch Vereinbarung kann nicht in die unentziehbaren und unverzichtbaren Rechte der Wohnungseigentümer eingegriffen werden. Auch die elementaren Grundprinzipien des WEG unterliegen nicht der Disposition der Wohnungseigentümer. In diesem Zusammenhang ist verbreitet vom "Kernbereich" des Wohnungseigentums die Rede. Die Reichweite dieses "Kernbereichs" ist nicht abschließend festgelegt, sondern wird von der Rechtsprechung im Einzelfall konkretisiert. Er ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Gesetz. Die Wohnungseigentümer können also auch durch Vereinbarung nicht in die Gebrauchsmöglichkeit des Sondereigentums eingreifen, elementare Mitverwaltungsrechte beschneiden und die zwingenden Verwaltungskompetenzen abändern.

Gebrauch des Sondereigentums

Zwar kann durch Vereinbarung ein bestimmter Gebrauch des Sondereigentums geregelt werden. Darüber hinaus aber kann dem einzelnen Wohnungseigentümer durch Vereinbarung nicht die Gebrauchs- bzw. Nutzungsmöglichkeit seiner Sondereigentumseinheit überhaupt genommen werden. Hierzu gehört auch ein ungehinderter Zugang zur Sondereigentumseinheit.[1]

Elementare Mitverwaltungsrechte

Auch durch Vereinbarung können dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht seine elementaren Mitverwaltungsrechte genommen werden. Namentlich umfasst hiervon sind das Recht zur Teilnahme an Eigentümerversammlungen, das Rederecht und vor allem das Stimmrecht. Insoweit ist eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung per se nichtig, die etwa den Inhabern von Tiefgaragenplätzen kein Stimmrecht gewährt.[2]

Seine...

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