Der "Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" ist gesetzlich nicht geregelt, längst aber von der Rechtsprechung als eigenständiger Vertragstyp anerkannt. Voraussetzung ist zunächst neben einem wirksamen Vertragsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner, eine unbedingte Leistungsnähe des Dritten. Der Dritte muss folglich mit der Leistung in Berührung kommen und den Gefahren einer Pflichtverletzung gleichermaßen ausgesetzt sein wie der direkte Vertragspartner. Übertragen auf den Verwaltervertrag, fungiert die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Gläubigerin, der Verwalter als Schuldner. Da die Wohnungseigentümer der Leistung des Verwalters und den Gefahren einer Pflichtverletzung durch den Verwalter ebenso ausgesetzt sind wie die Gemeinschaft, ist die erforderliche unbedingte Leistungsnähe gegeben.

Seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss außerdem ein eigenes, berechtigtes Schutzinteresse gegenüber den Wohnungseigentümern bestehen. Auch diese Voraussetzung ist unproblematisch erfüllt, wie das nachfolgende Beispiel veranschaulicht.

 
Praxis-Beispiel

Verzögerte Sanierung von Feuchtigkeitsschäden

In der Sondereigentumseinheit eines Wohnungseigentümers sind im Bereich des Gemeinschaftseigentums massive Feuchtigkeitsschäden vorhanden. Es ist sowohl der Sanierungsumfang geklärt als auch ein Beschluss über die Sanierung gefasst. Mit seiner Umsetzung lässt sich der Verwalter allerdings 2 Jahre Zeit, sodass die Wohnung mittlerweile unbewohnbar ist und der Wohnungseigentümer Mietausfälle zu beklagen hat.

Eine Einbeziehung des Dritten, also der Wohnungseigentümer, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der überwiegenden Meinung in der Literatur allerdings abzulehnen, wenn ein Schutzbedürfnis des Dritten nicht besteht. Sie ist im Allgemeinen dann zu verneinen, wenn dem Dritten eigene vertragliche Ansprüche – gleich gegen wen – zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen Ansprüche, die ihm über eine Einbeziehung in den Schutzbereich eines Vertrags zukämen.[1] Allerdings entfällt der Drittschutz nicht, wenn der andere Anspruch andere Voraussetzungen hat oder nicht gleichwertig ist.[2]

Die Ansprüche wären tatsächlich auch nicht gleichwertig. Der geschädigte Wohnungseigentümer hat gegen den Verwalter Anspruch auf vollen Schadensersatz, wohingegen er als Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen diese im Innenverhältnis zwar zunächst ebenfalls einen Anspruch auf Schadensersatz hat, der allerdings – entweder über die Jahresabrechnung oder eine zu erhebende Sonderumlage – um seinen Anteil gemindert ist, weil er sich als Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ebenfalls an der Finanzierung seines Schadensersatzanspruchs beteiligen muss. Zwar kann er insoweit also zunächst vollen Schadensersatzanspruch gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend machen, spätestens aber im Rahmen der Beschlussfassung über die Festsetzung der Hausgeldanpassung bzw. Hausgeldnachschüsse nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG auf Grundlage der Jahresabrechnung, würde er im Innenverhältnis entsprechend mit dem auf ihn nach dem jeweils geltenden Kostenverteilungsschlüssel entfallenden Anteil belastet.

 
Praxis-Beispiel

Schadensersatz-Realisierung

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus 10 Wohnungseigentümern, die jeweils Eigentümer einer Wohnung sind. Infolge verzögerter Beschlussdurchführung seitens des Verwalters ist einem Wohnungseigentümer an seinem Sondereigentum ein Schaden in Höhe von 15.000 EUR entstanden.

  • Würde er die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsprechend auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, könnte er zwar zunächst seinen Anspruch in voller Höhe durchsetzen. Bereits dann aber, wenn ein Beschluss über die Erhebung einer entsprechenden Sonderumlage gefasst würde, wäre er entsprechend des geltenden Kostenverteilungsschlüssels anteilig mit Beitragszahlungen zu dieser Sonderumlage belastet, spätestens aber im Rahmen der Beschlussfassung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG. Angenommen, die Kostenverteilung würde nach dem Objektprinzip erfolgen, würde sich im Ergebnis nur ein Ersatzanspruch in Höhe von 13.500 EUR realisieren lassen.
  • Würde er den Verwalter direkt auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, würde er in den Genuss des vollen Schadensersatzes in Höhe von 15.000 EUR kommen.

Zwar hätte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei ihrer Inanspruchnahme seitens des geschädigten Wohnungseigentümers einen Regressanspruch gegen den Verwalter in Höhe von 15.000 EUR, weshalb für den geschädigten Wohnungseigentümer dann tatsächlich vollständiger Schadensersatz in Höhe von 15.000 EUR realisierbar wäre. Zunächst aber sind die Ansprüche nicht gleichwertig.

Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dem Insolvenzrisiko des Verwalters ausgesetzt wäre, könnte sie ihren Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter im Fall seiner Zahlungsunfähigkeit nicht realisieren, weil etwa auch die Berufshaftpflichtversicherung des Verwalters...

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