Leitsatz

Ist eine Abrechnung fehlerhaft, ist vorstellbar, dem Verwalter die Kosten einer Anfechtungsklage aufzuerlegen, die sich gegen den Beschluss wendet, mit dem die Abrechnung von den Wohnungseigentümern genehmigt wurde.

 

Normenkette

§ 49 Abs. 2 WEG

 

Das Problem

  1. Ein Wohnungseigentümer geht im Wege der Anfechtungsklage gegen mehrere Beschlüsse vor, unter anderem den Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer den Entwurf des Verwalters über die Abrechnung genehmigt haben. Der Wohnungseigentümer regt an, nach § 49 Abs. 2 WEG dem ehemaligen Verwalter die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
  2. Im Termin lassen sich die beklagten Wohnungseigentümer nicht vertreten. Es ergeht daher ein Versäumnisurteil. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem ehemaligen Verwalter auferlegt. Gegen das Urteil legt der ehemalige Verwalter sofortige Beschwerde ein. Er meint, das Versäumnisurteil habe gar nicht ergehen dürfen. Die Klage sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Zum Zeitpunkt der Zustellung sei er nicht mehr Verwalter gewesen. Er habe alle Unterlagen an den jetzigen Verwalter gegeben und keine Veranlassung gehabt, sich mit der Klage substanziiert auseinanderzusetzen. Es sei über sein Beschwerderecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden. Es liege auch kein grobes Verschulden vor. Es habe keinen Hinweis gegeben, dass ihm die Kosten auferlegt werden sollen.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Gemäß § 49 Abs. 2 WEG könnten dem Verwalter die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden, wenn er den Rechtsstreit verursacht habe und ihm ein grobes Verschulden zur Last falle. Grobes Verschulden erfordere Vorsatz oder mindestens grobe Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handle, wer die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich grobem Maße verletze und dasjenige nicht beachtet habe, was jedem hätte einleuchten müssen, wobei auch subjektive Umstände zu berücksichtigen seien (Hinweis auf BGH v. 13.12.2004, II ZR 17/03, NJW 2005 S. 981, 982). Ein objektiv grober Pflichtenverstoß reiche daher für sich alleine noch nicht aus; hinzukommen müsse, dass die Pflichtverletzung auch subjektiv schlechthin unentschuldbar sei (Hinweis auf BGH v. 30.1.2001, VI ZR 49/00, NJW 2001 S. 2092, 2093).
  2. Nach diesen Grundsätzen sei von einem groben Verschulden auszugehen. Die angefochtene Abrechnung sei fehlerhaft. Der ehemalige Verwalter habe Fehler gemacht, die bei ihm bereits von Gerichten beanstandet worden waren und die ihm für die Fehler auch die Kosten des Verfahrens auflegt hatten. Die fehlerhafte Erstellung der Abrechnung gehöre grundsätzlich zu den Tatbeständen, die eine Kostenhaftung des Verwalters gemäß § 49 Abs. 2 WEG auslösen könne (Hinweis unter anderem auf OLG Köln v. 24.8.2005, 16 Wx 80/05, NZM 2006 S. 66). Komme – wie im Fall – noch dazu, dass der Verwalter dem klagenden Wohnungseigentümer vor Erhebung der Anfechtungsklage trotz schriftlicher Aufforderung weder Belege übersandt noch einen Termin zur Einsichtnahme in die Belege ermöglicht habe, liege spätestens hierin ein objektiv grobes Verschulden, dass in jedem Fall den Prozess veranlasst habe. Dem ehemaligen Verwalter seien die objektiven Pflichtenverstöße auch subjektiv vorzuwerfen. Der ehemalige Verwalter sei ein gewerblicher Verwalter, der eine Leistung schulde, die den kaufmännischen, rechtlich-organisatorischen und technischen Aufgabenbereich der Verwaltung umfassend abdecke. Anders als ein unentgeltlich tätiger Amateurverwalter müsse er die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Finanzverwaltung kennen. Wenn er nicht in der Lage gewesen sei, ordnungsmäßige Abrechnungen zu erstellen – selbst dann nicht, nachdem eine andere Abrechnung bereits im gerichtlichen Verfahren für ungültig, weil nicht ordnungsmäßig, erklärt worden sei –, liege hierin ein grobes Verschulden. Auch müsse einem gewerblichen Verwalter auch ohne vorherige Rechtsberatung bekannt sein, dass er verpflichtet ist, Belegeinsicht zu gewähren.
  3. Unerheblich sei, dass der ehemalige Verwalter zum Zeitpunkt der Zustellung der Anfechtungsklage nicht mehr Verwalter gewesen sei. Der Begriff "Verwalter" sei funktionell zu verstehen. Daher könnten auch einem ausgeschiedenen Verwalter die Prozesskosten auferlegt werden.
  4. Die Kostenentscheidung sei schließlich auch nicht aufzuheben, weil das rechtliche Gehör des ehemaligen Verwalters verletzt worden wurde. Zwar müsse das Amtsgericht einem Verwalter, dem gemäß § 49 Abs. 2 WEG die Kosten des Verfahrens auferlegt werden sollen, rechtliches Gehör zu gewähren. Werde die gebotene Anhörung versäumt, scheide aber ein durchgreifender Verfahrensfehler aus, wenn im Beschwerdeverfahren das rechtliche Gehör gewährt wurde. Ein eventueller Verstoß gegen das rechtliche Gehör könne im Rechtsmittelverfahren geheilt werden (Hinweis auf BGH v. 17.3.2011, IX ZB 192/10, WM 2011 S. 663). Der ehemalige Verwalter habe daher sowohl vor als auch nach der Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt und habe hiervon auch Gebrauch gemacht.
 

Kom...

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