Leitsatz

  1. Ein mit der Gemeinschaft abgeschlossener Versorgungsvertrag führt grundsätzlich nicht zu einer persönlichen Haftung eines Eigentümers
  2. Die neue Anteilshaftung nach § 10 Abs. 8 WEG ist nicht auf abgeschlossene Sachverhalte, d.h. auf Forderungen gegen die Gemeinschaft anwendbar, die vor dem 1.7.2007 begründet und fällig geworden sind
 

Normenkette

§§ 10 Abs. 8, 62 WEG n.F.

 

Kommentar

  1. Ist ein Versorgungsvertrag (für den Bezug von Strom, Gas, Wasser und die Abwasserentsorgung) mit der Gemeinschaft als Verband abgeschlossen worden, kann im Anschluss an die BGH-Entscheidung vom 2.6.2005 zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft eine zusätzliche, akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer für frühere Entgeltansprüche nicht in Betracht kommen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die einzelnen Eigentümer ausdrücklich neben dem Verband auch persönlich Vertragspartner wurden. Im vorliegenden Fall wurde der Versorgungsvertrag nach entsprechender Verordnung allein mit der Gemeinschaft abgeschlossen; eine persönliche Haftung des beklagten Eigentümers aus Vertrag oder anderen Rechtsgründen wurde nicht nachgewiesen.
  2. Auch § 10 Abs. 8 WEG n.F. (Anteilshaftung der Eigentümer) ist auf den vorliegenden "Altfall" nicht anzuwenden. Diese neue Bestimmung ist zwar keine Verfahrensvorschrift im Sinne des § 62 WEG n.F. Auch wenn neues materielles Recht grundsätzlich sofort anwendbar ist, heißt dies nicht, dass § 10 Abs. 8 WEG auch auf abgeschlossene Sachverhalte anwendbar wäre. Nach Art. 170 EGBGB bleiben für Schuldverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstanden sind, die bisherigen Gesetze maßgebend. Diese Bestimmung ist auch Ausfluss eines allgemeinen Grundsatzes des Privatrechts. Für die Anwendung früheren Rechts ist jedoch Voraussetzung, dass sich der gesamte Entstehungstatbestand unter seiner Geltung verwirklicht hat. Im vorliegenden Fall waren die klägerischen Forderungen bereits vor dem 1.7.2007 (also auch dem Inkrafttreten des neuen § 10 Abs. 8 WEG)begründet und fällig geworden; eine hiervon abweichende Übergangsregelung wurde nicht normiert. Damit hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass ein einzelner Wohnungseigentümer mangels eines besonderen Verpflichtungstatbestands auch nicht unmittelbar für Schulden der Gemeinschaft einzustehen hat (wie hier Briesemeister, NZM 2008, S. 230; Bergerhoff, NZM 2007, S. 553; a.A. Bärmann/Wenzel, WEG, 10. Aufl. § 10, Rn. 304).
  3. Revision wurde in diesem Fall nicht zugelassen, da sich keine rechtsgrundsätzlichen Fragen stellen und auch eine Fortbildung des Rechts nicht geboten erscheint. Die Entscheidung des BGH (NJW 2007, S. 3492) hat sich nicht mit der vorliegenden Fragestellung befasst. Das KG vertritt in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 12.2.2008 (27 U 36/07) zwar eine abweichende Auffassung; aber auch dort handelte es sich nicht um tragende Gründe, weil das KG die Klage dennoch abgewiesen hatte.
 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Urteil v. 30.10.2008, 9 U 5/08

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