Leitsatz

Im Rahmen des Ehescheidungsverbundverfahrens war auch der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Die Deutsche Rentenversicherung als Beteiligte zu 1. legte gegen die Entscheidung des FamG zur Folgesache Versorgungsausgleich Beschwerde ein. Das Rechtsmittel war nur zu einem geringen Teil begründet.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, das AG habe den Versorgungsausgleich dem Grunde nach zutreffend durchgeführt und lediglich für die Anwartschaft des Ehemannes bei der Zürich Deutscher Herold Lebensversicherung AG einen falschen Wert angesetzt.

Die von den Eheleuten bei den Lebensversicherungen während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften habe das AG zu Recht entsprechend einer dynamischen Rente umgewertet. Lediglich für die von dem Ehemann bei der Zürich Deutscher Herold Lebensversicherung erworbenen Anwartschaften sei eine Neuberechnung vorzunehmen.

Der Ausgleich der von beiden Parteien während der Ehezeit erworbenen angleichungsdynamischen Anrechte sei gemäß §§ 3 Abs. 1 VAÜG i.V.m. § 1587b Abs. 1 BGB zutreffend durch Rentensplitting erfolgt. Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts auch insoweit, als dieses die Parteien hinsichtlich der restlichen auszugleichenden 0,37 EUR nicht gemäß § 2 VAHRG auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen, sondern insoweit die Beitragsentrichtung gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG angeordnet hatte. Lediglich der Höhe nach sei insoweit eine Korrektur vorzunehmen.

Das OLG vertrat die Ansicht, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem nach vorausgegangenem Rentensplitting in Bezug auf angleichungsdynamische Anrechte lediglich noch regeldynamische Anrechte auszugleichen seien, § 4 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 VAÜG den Ausgleich durch Beitragszahlung zur Begründung von Anrechten in der Rentenversicherung (West) nicht hindere.

Ferner wurde die Auffassung vertreten, dass zum Ausgleich von im Beitrittsgebiet erworbener nichtangleichungsdynamischer Anrechte die Begründung ebenfalls nichtangleichungsdynamischer Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung zulässig sei. Der Wortlaut von § 4 VAÜG stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Zwar werde in § 4 Abs. 1 Nr. 2 allgemein auf die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VAÜG verwiesen, womit ausdrücklich ein Ausgleich durch Beitragszahlung nur in Bezug auf angleichungsdynamische Anrechte eröffnet werde. Bei der Auslegung eines Gesetzes sei jedoch nicht am buchstäblichen Ausdruck zu haften, sondern auf den objektivierten Sinn der Norm abzustellen. Entscheidend sei der im Gesetz zum Ausdruck gekommene Zweck der Regelung (BverfGE 35, 263; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. A., Einl. Rz. 46; MünchKom/Säcker, BGB, 4. Aufl., Einl. Rz. 122 ff.; 128).

Die durch den Wortlaut scheinbar vorgegebene Einschränkung des Versorgungsausgleichs im Beitrittsgebiet durch Anordnung der Beitragszahlung ausschließlich hinsichtlich angleichungsdynamischer Anrechte entspreche nicht dem Sinn des Gesetzes. Die Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet bis zur Einkommensangleichung sollten der spezifischen Dynamik im Beitrittsgebiet typischerweise erworbener Anrechte Rechnung tragen. Die Anrechte, insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung, die aufgrund von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten erworben worden seien oder erworben würden, unterlägen noch immer einer besonderen Wertsteigerung, die der Wertsteigerung der im alten Bundesgebiet erworbenen Rentenanwartschaften nicht entspreche. Um bei der gebotenen Halbteilung im Fall der Scheidung nicht einen Ehegatten zu benachteiligen und einen Ehegatten zu bevorzugen, seien ergänzende Regelungen notwendig gewesen, um die nach Ehezeitende noch eintretende wertbestimmende Entwicklung von im Beitrittsgebiet erworbener Anwartschaften zu erfassen. Insbesondere habe vermieden werden sollen, dass der Ausgleichsberechtigte, zu dessen Gunsten angleichungsdynamische Anrechte im Wege einer Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung eingekauft würden, besser gestellt würde als der Ausgleichspflichtige mit dem ihm voll verbliebenen Anrecht. Beide Anrechte - das auszugleichende und das erworbene - sollten sich in ihrer Dynamik gleichmäßig weiterentwickeln, damit angleichungsbedingte Abänderungen vermieden würden. Es sei bezweckt worden, eine gleichmäßige Entwicklung von auszugleichendem und dem durch Beitragszahlung begründeten Anrecht sicherzustellen. Mit diesen Regelungen habe aber nicht gleichzeitig auch der Ausgleich regeldynamischer Anwartschaften durch Beitragszahlung zum Zweck des Erwerbs ebenfalls regeldynamischer Anwartschaften ausgeschlossen werden sollen. Diese Möglichkeit sei vielmehr durch den Gesetzgeber vorgesehen, jedoch für wirtschaftlich in der Regel nicht zumutbar gehalten worden.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 29.10.2007, 9 UF 155/07

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