Leitsatz

Die Eheleute hatten am 19.9.1987 in Kasachstan geheiratet. Aufgrund des dem Antragsgegner am 5.2.2010 zugestellten Scheidungsantrages der Antragstellerin hat das AG die Ehe mit Endbeschluss vom 5.8.2010 geschieden.

Bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich hatte das AG bei der Antragstellerin von der DRV Nordbayern mitgeteilte ehezeitliche 8,5277 Entgeltpunkte und beim Antragsgegner von der DRV Bayern Süd mitgeteilte ehezeitliche 9,9727 Entgeltpunkte zugrunde gelegt und im Wege der internen Teilung zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht von 4,2629 Entgeltpunkten zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin übertragen und im Wege der internen Teilung ein Anrecht von 4,9864 Entgeltpunkten zu Lasten des Antragsgegners zugunsten der Antragstellerin übertragen.

Gegen diese Entscheidung richteten sich die Beschwerden der DRV Nordbayern und der DRV Bayern Süd. Beide trugen jeweils für ihren Versicherten vor, dass sich aus ihrer Auskunft ergebe, dass zusätzlich Entgeltpunkte (Ost) während der Ehe erlangt worden seien, die das AG nicht berücksichtigt habe.

Die Rechtsmittel erwiesen sich als erfolgreich.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, die erstinstanzliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich sei dahingehend abzuändern, dass zusätzlich zu den vom Erstgericht vorgenommenen Übertragungen von Entgeltpunkten weitere, vom Erstgericht offensichtlich übersehene Entgeltpunkte - Entgeltpunkte Ost - im Wege der internen Teilung zu übertragen seien.

Beide Eheleute hätten während der Ehezeit außer den in der erstinstanzlichen Entscheidung zum Versorgungsausgleich berücksichtigten Anrechten weitere Anrechte mit einem Ehezeitanteil in Entgeltpunkten (Ost) erlangt, die Antragstellerin i.H.v. 5,4903 Entgeltpunkten (Ost) und der Antragsgegner solche i.H.v. 5,1244 Entgeltpunkten (Ost).

Gemäß § 18 VersAusglG sollten Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert oder einer geringen Differenz der Ausgleichswerte jedoch nicht ausgeglichen werden. Die Ausgleichswerte des Anrechts der Antragstellerin bei der DRV Nordbayern mit einem Kapitalwert von 14.705,25 EUR und des Anrechts des Antragsgegners bei der DRV Bayern Süd mit einem Kapitalwert von 13.724,97 EUR überstiegen im Saldo nicht den Grenzwert gemäß § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.066,00 EUR. Diese Versorgungen - jeweils nicht angleichungsdynamische Anrechte - seien gleicher Art i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG.

Die Ausgestaltung des § 18 VersAusglG als Sollvorschrift ermögliche es dem Gericht jedoch, nach pflichtgemäßem Ermessen abzuweichen, wenn besondere Umstände dies geböten (Johannsen/Henrich, Familienrecht, 5. Aufl., § 18 VersAusglG Rz. 2).

Das OLG bejahte das Vorliegen besonderer Gründe und nahm einen Ausgleich vor, weil die jeweiligen nicht angleichungsdynamischen Anrechte der Eheleute in Verbindung mit den jeweiligen angleichungsdynamischen Anrechten zu sehen seien. Zwar könnten Anwartschaften, welche auf der Basis von Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost) ermittelt würden, aufgrund ihrer unterschiedlichen Dynamik grundsätzlich nicht als solche gleicher Art angesehen werden und seien daher als gesonderte Anrechte getrennt voneinander auszugleichen (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 5. Aufl., Rz. 525; Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl., § 10 VersAusglG Rz. 3).

Im Rahmen der Bagatellprüfung gemäß § 18 VersAusglG sei allerdings zu berücksichtigen, dass die in den alten und den neuen Bundesländern erworbenen Entgeltpunkte insoweit als Einheit anzusehen seien, als aus ihnen bei Eintritt des Versorgungsfalls eine einheitliche Rente berechnet werde. Es sei deshalb im Regelfall unbillig, die auf der Basis von Entgeltpunkten und Entgeltpunkten Ost errechneten Anwartschaften bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um Bagatellanrechte handele, jeweils gesondert zu behandeln (vgl. OLG Celle FamRZ 2010, 979).

Dies gelte insbesondere, weil die unterschiedliche Dynamisierung nur bis zum Zeitpunkt der Einkommensangleichung, also für einen vorübergehenden Zeitraum, erfolgen werde.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren berechne sich nach § 50 Abs. 1 FamGKG. Auszugehen sei hierbei vom Nettoeinkommen, das die Eheleute in drei Monaten erzielt hätten. Dieses habe das Erstgericht mit 8.550,00 EUR errechnet. Es seien vier Anrechte zu berücksichtigen, da als separate Anrechte i.S.d. § 50 FamGKG auch die in der gesetzlichen Rentenversorgung erworbenen angleichungsdynamischen und nicht angleichungsdynamischen Anwartschaften anzusehen seien. Deshalb belaufe sich der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren auf 40 % des dreimonatigen Nettoeinkommens, mithin auf 3.420,00 EUR.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Beschluss vom 21.10.2010, 11 UF 1262/10

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge