Leitsatz

Auch dann, wenn eine enge Vertreterklausel vereinbart ist, nach der sich ein Wohnungseigentümer nur durch seinen Ehegatten bzw. seinen Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, einen Verwandten in gerader Linie, Geschwister, einen anderen Eigentümer oder den Verwalter vertreten lassen kann, kann sich eine juristische Person bzw. können sich Personenhandelsgesellschaften durch Mitarbeiter des Unternehmens vertreten lassen.

 

Normenkette

§§ 23, 24 WEG

 

Das Problem

  1. Nach der Gemeinschaftsordnung kann sich ein Wohnungseigentümer nur durch seinen Ehegatten bzw. seinen Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, einen Verwandten in gerader Linie, Geschwister, einen anderen Eigentümer oder den Verwalter, und zwar mittels schriftlicher Vollmacht vertreten lassen. Mehrheitseigentümer M, eine GmbH & Co. KG, lässt sich von V vertreten, der bei ihr nicht arbeitet. Der Verwalter beanstandet diese Vertretung nicht und zählt die von V für den Mehrheitseigentümer abgegebenen Stimmen. Ein Beschluss, dass

    die Wohnungseigentümer verpflichtet sind, dem Verwalter jeden Ein- und Auszug, egal ob Mieter oder Selbstnutzer, umgehend schriftlich, innerhalb von 3 Wochen nach dem Ein- oder Auszug zu melden,

    kommt deshalb nicht zustande. Weiter findet sich für den Beschluss,

    den Verwalter im Voraus für einen bestimmten Kreis von Verfahren eine generelle Ermächtigung zu erteilen,

    keine Mehrheit. Schließlich gibt es für die Einführung einer Umzugspauschale "pro Ein- und Auszug" keine Mehrheit.

  2. Dies hält ein Wohnungseigentümer jeweils nicht für ordnungsmäßig. Er geht gegen die Negativbeschlüsse, die mit V's Stimmen gefasst wurden, vor. Er meint, der Verwalter habe V's Stimmen nicht zählen dürfen. Ferner meint er, es sei festzustellen, dass die Negativbeschlüsse mehrheitlich und wirksam gefasst worden seien.
 

Die Entscheidung

  1. Die Anfechtungsklage gegen die Negativbeschlüsse hat Erfolg! Wohnungseigentümer M sei nicht wirksam vertreten gewesen. V's Stimmen seien nicht zu berücksichtigen gewesen. Juristische Personen bzw. Personenhandelsgesellschaften, bei denen eine Vertretung durch Familienangehörige begrifflich nicht infrage komme, könnten sich auch unter Geltung einer Vertreterklausel zwar durch "Firmenangehörige" vertreten lassen (Hinweis auf OLG Frankfurt v. 12.12.1978, 20 W 692/78, OLGZ 1979 S. 134 und BayObLG v. 7.7.1981, BReg. 2 Z 54/80, MDR 1982 S. 58, 59). V sei aber kein Firmenangehöriger, sondern nur Mitarbeiter eines Unternehmens, das mit dem Mehrheitseigentümer eine "Gruppe" bilde. Eine derartige Verflechtung reiche jedoch nicht aus, um eine Vertretungsbefugnis im Sinne der Gemeinschaftsordnung annehmen zu können. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Vertreterklausel recht eng gefasst sei und z.B. bei Verwandten nur solche in gerader Linie benenne. Dem stehe nicht entgegen, dass die Vertretung des Mehrheitseigentümers durch V in der Versammlung nicht gerügt worden sei. Richtig sei, dass der Verstoß gegen eine Vertreterklausel belanglos sei, wenn die Stimmabgabe eines Vertreters weder von den Miteigentümern noch vom Versammlungsleiter beanstandet werde, da dann davon auszugehen sei, "die Versammlung habe die Stimmabgabe zugelassen" (Hinweis auf KG v. 20.7.1994, 24 W 3942/94, ZMR 1994 S. 524 ff.). So liege es aber nicht. Der Verwaltungsbeirat habe nämlich bezweifelt, ob V berechtigt war, an der Versammlung teilzunehmen. Hierin liege eine Rüge: Wohnungseigentümer seien juristische Laien, sodass an das Vorliegen einer Rüge keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürften. V's Stimmen seien damit unwirksam gewesen und hätten nicht gezählt werden dürfen.
  2. Die Feststellungsklage hat teilweise Erfolg! Der Beschluss, die Wohnungseigentümer zu verpflichten, dem Verwalter jeden Ein- und Auszug, egal ob Mieter oder Selbstnutzer, umgehend schriftlich, innerhalb von 3 Wochen nach dem Ein- oder Auszug zu melden, sei mangels Beschlusskompetenz allerdings nichtig. Darin liege die Begründung einer konstitutiven Leistungspflicht. Ebenfalls nichtig sei der Beschluss, den Verwalter im Voraus für einen bestimmten Kreis von Verfahren eine generelle Ermächtigung zu erteilen. Ein solcher Beschluss sei zwar möglich (Hinweis auf BayObLG v. 11.8.2004, 2 Z BR 081/04, ZMR 2004 S. 928, 929; OLG München v. 13.7.2005, 34 Wx 61/05, NZM 2005 S. 673, 674 und OLG Brandenburg v. 27.11.2007, 13 Wx 9/07, ZMR 2008 S. 386 ff.). Der Beschluss sei jedoch zu unbestimmt. Es erschließe sich schon nicht, ob die Befugnis des Verwalters zur Durchsetzung auch die gerichtliche Geltendmachung – unter welchen Bedingungen? – erfassen solle. Hinzu komme, dass der Beschluss von seiner Reichweite her der erforderlichen Bestimmtheit bzw. Klarheit entbehre. So bleibe im Dunkeln, ob dieser nur die "gekorenen Ansprüche der Gemeinschaft" erfassen solle, oder darüber hinaus auch einen "quasi bevorratenden, generalisierenden „Vergemeinschaftungsbeschluss" darstelle.
  3. Die Einführung einer Umzugspauschale in Höhe von 50 EUR sei hingegen möglich und durch § 21 Abs. 7 WEG...

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