Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtungsbefugnis des Wohnungsanwärters. Wohnungserbbausache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vor Umschreibung des Wohnungseigentums ist der im Grundbuch abgesicherte Erwerber regelmäßig als ermächtigt anzusehen, das Objekt- oder Anteilsstimmrecht des Veräußerers auszuüben und in Verfahrensstandschaft für diesen das gerichtliche Beschlußanfechtungsverfahren zu betreiben.

2. Vertretungsbeschränkungen in Teilungserklärungen sind ohne Bedeutung, wenn die Stimmabgabe eines Vertreters in der Eigentümerversammlung weder von den Miteigentümern noch von dem Versammlungsleiter beanstandet wird.

3. Die Beschlußanfechtungsfrist wird nur gewahrt, wenn der Verfahrenstandschafter innerhalb der Frist hinreichend deutlich macht, daß er nicht aus eigenem Recht, sondern für den Veräußerer das gerichtliche Verfahren durchführt.

 

Normenkette

WEG § 23 Abs. 4, § 25 Abs. 2 S. 1, § 43 Abs. 1 Nr. 4

 

Beteiligte

weitere Beteiligte zu 1) bis 15) und 17) bis 41) wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 13. April 1994 – 87 T 105/94 (WEG) – ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 279/92)

LG Berlin (Aktenzeichen 87 T 105/94)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 8.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragstellerin kaufte am 26. März 1987 einen mit dem Sondereigentum an der Wohnung W 37 verbundenen Anteil an dem Wohnungserbbaurecht von der teilenden ursprünglichen Erbbauberechtigten, die vom 1. Januar 1986 bis zum 31. Dezember 1990 auch Verwalterin der Wohnanlage war. Am 23. April 1987 wurde für die Antragsteller in im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen; am 22. November 1993 erfolgte die Eintragung der Antragstellerin im Grundbuch.

In der Teilungserklärung heißt es unter II. Gemeinschaftsordnung u. a.:

  • § 9 Nr. 2. Abs. 1: „Jeder Wohnungserbbauberechtigte ist den anderen Wohnungserbbauberechtigten gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung einschließlich der Betriebskosten nach dem Verhältnis seines Anteils am Erbbaurecht zu tragen.”
  • § 9 Nr. 2. Abs. 2: „Alle diese Kosten werden durch den Verwalter im voraus ermittelt und in einem von der Eigentümergemeinschaft zu genehmigenden Wirtschaftsplan zusammengefaßt.”
  • § 9 Nr. 4. Satz 4: „Keine Betriebskosten sind diejenigen Kosten, die für das Sondereigentum und die Sondernutzungsrechte entstehen und die von den jeweiligen Wohnungserbbauberechtigten allein zu tragen sind.”
  • § 12 Nr. 6.: „Ein Wohnungserbbauberechtigter kann sich nur durch den Verwalter, seinen Ehegatten oder einen anderen Wohnungserbbauberechtigten vertreten lassen.”
  • § 12 Nr. 7.: „Jedes Wohnungserbbaurecht erhält eine Stimme.”

Die von der jetzigen Verwalterin unter dem 7. September 1992 erstellte Einzelabrechnung für die Wirtschaftsperiode vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1991 war auf den Namen der Antragstellerin ausgestellt. In der Eigentümerversammlung vom 9. September 1992 stimmten die Wohnungserbbauberechtigten (im folgenden auch Wohnungseigentümer genannt, vgl. § 30 Abs. 3 WEG) der Wohngeldabrechnung 1991 unter TOP 3 zu und erteilten der Verwalterin Entlastung. Unter TOP 6 wurde die Verwalterin beauftragt, in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat den Wirtschaftsplan 1993 zu erstellen und die daraus resultierenden Wohngelder ab Januar 1993 einzufordern. Die Antragstellerin hat diese Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3 und TOP 6 mit der Antragsschrift vom 7. Oktober 1992 angefochten. Sie hat vorgetragen die Wohnungseigentümer verfügten in unterschiedlicher Weise ober Sondereigentum an Terrassen und/oder Gartenflächen oder Wohngärten. Ein besonderer Wasserverbrauch für die Bewässerung dieser im Sondereigentum stehenden Gartenflächen müsse den jeweiligen Wohnungseigentümern gesondert in Rechnung gestellt werden, was aber in der Wohngeldabrechnung 1991 nicht geschehen sei. Der Eigentümerbeschluß zu TOP 6 ersetze keine Beschlußfassung über den Wirtschaftsplan 1993. Mit Beschluß vom 24. Januar 1994 hat das Amtsgericht Schöneberg die Anfechtungsanträge zurückgewiesen, weil der Antragsteller in die Antragsbefugnis fehle. Mit derselben Begründung hat das Landgericht Berlin mit Beschluß vom 13. April 1994 die Erstbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller in führt zwar zur Bejahung der Antragsbefugnis, bleibt aber im Ergebnis ohne Erfolg.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die Rechtsmittelbeschwerde des § 45 Abs. 1 WEG erreicht. Das Rechtsmittel ist insoweit sachlich gerechtfertigt, als die Vorinstanzen die Antragsbefugnis der Antragsteller in rechtsfehlerhaft (§ 27 Abs. 1 FGG) verneint haben. Gleichwohl hat die sofortige weitere Beschwerde keinen Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung ...

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