8.4.1 Allgemeines

 

Rz. 209

Der stillschweigend geschlossene Kooperationsvertrag stellt eine Art "Auffangvertrag" für die Fälle von Ehegattenmitarbeit dar, die zwar aufgrund des Umfangs der Beiträge nach einem Ausgleich verlangen, aber über keinen der zuvor abgehandelten Verträge abgewickelt werden können. Er betrifft Sonderfälle in einem Bereich, in dem sich konkludente Ehegatteninnengesellschaft und ehebezogene Zuwendung im tatsächlichen Bereich berühren oder überschneiden, eine Zuordnung aber aus rechtlichen Gründen weder zu der einen, noch zu der anderen Rechtsgrundlage möglich ist. Das kann der Fall sein, wenn gerade kein explizit geschlossener Arbeitsvertrag vorliegt, wenn die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft an einem über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck scheitert, die Mitarbeit nicht gleichwertig war oder kein Rechtsbindungswille für die Annahme eines Gesellschaftsvertrages vorgelegen hat.

Der familienrechtliche Kooperationsvertrag betrifft Konstellationen, in denen die Wertschöpfung des einen zugunsten des anderen Ehegatten durch Mitarbeit erfolgt. Im Mittelpunkt stehen die Art und das Objekt der Wertschöpfung. Wird gemeinsam ein Familienheim errichtet, so scheitert die Annahme einer stillschweigend geschlossenen Ehegatteninnengesellschaft meist an dem fehlenden gesellschaftsrechtlichen Geschäftswillen. Eine Lösung über die ehebezogene Zuwendung scheitert daran, dass der BGH[276] diese Konstruktion nur für Geld- und Sachzuwendungen anerkennt.

Vor dem Hintergrund dieser Problematik wurde die Rechtsfigur des familienrechtlichen Kooperationsvertrages herausgearbeitet, der in etwa mit der ehebezogenen Zuwendung vergleichbar ist und vom BGH letztlich auch aus dieser Konstruktion als weiterer Vertrag sui generis entwickelt wurde.

8.4.2 Anspruchsgrundlage und rechtliche Behandlung

 

Rz. 210

Anspruchsgrundlage für die Ausgleichsansprüche ist letztlich wieder § 313 BGB, da der stillschweigend geschlossene Kooperationsvertrag sehr stark an die Rückabwicklung der ehebezogenen Zuwendung angelehnt ist. Unmittelbar kann jedoch keine ehebezogene Zuwendung angenommen werden, weil die Arbeitsleistungen gerade nicht als Vermögenszuwendungen anzusehen sind. Dennoch erscheint es erforderlich, dass ohne Gegenleistung erbrachte Arbeitsleistungen im nicht unerheblichen Umfang nach stillschweigender Übereinkunft der Ehegatten zur Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wurden und darin ihre Geschäftsgrundlage hatten.[277] Tatbestand und Rechtsfolge ergeben sich letztlich aus den Grundsatzentscheidungen des BGH.[278]

 

Rz. 211

Erstmals hatte der BGH[279] einen stillschweigend geschlossenen Kooperationsvertrag bei der Ehegattenmitarbeit in folgendem Fall angenommen:

 

Beispiel:

Der Kläger war in der Tiefbauunternehmung des Vaters der Beklagten angestellt. Die Beklagte war dort als Bautechnikerin beschäftigt. 1972 heirateten die Parteien. Sie vereinbarten Gütertrennung. Die Beklagte ersteigerte ein Hausgrundstück für rund 126.000 DM. Ab März 1976 baute die Beklagte das erworbene Anwesen um. Der Kläger wirkte in seiner Freizeit an den Umbauarbeiten mit, nach seiner Darstellung mit 920 Arbeitsstunden. Die Beklagte steuerte die Baumaterialien bei und bezahlte die Helfer des Klägers. Im Oktober 1976 trennten sie sich. Ende 1978 wurde die Ehe der Parteien geschieden. Der Kläger verlangte mit der Klage 117.681,88 DM nebst Zinsen als Ausgleich für seine Aufwendungen für den Umbau des Hauses.

Der BGH hat wiederholt ausgesprochen, dass rechtsgeschäftliche Beziehungen zwischen Ehegatten auch dann vorliegen können, wenn es sich nicht um typische bürgerlichrechtliche Verträge, wie Darlehen, Auftrag oder Schenkung, handelt, die allerdings auch unter Ehegatten vorkommen können. Die Rechtsprechung des BGH schloss aber nicht aus, dass eine über das gesetzlich geschuldete Maß hinausgehende Mitarbeit unter Umständen zu einem Ausgleich führen konnte, insbesondere dann, wenn durch die Mitarbeit Vermögenswerte geschaffen wurden, die bei Beendigung der Ehe noch vorhanden waren.

Der Abschluss eines entgeltlichen Arbeitsvertrages zwischen den Parteien konnte vorliegend jedoch nicht angenommen werden. Der Kläger erbrachte zwar Leistungen, die im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages erbracht zu werden pflegen. Der Sachverhalt habe jedoch keinen Anhaltspunkt dafür geboten, die Parteien könnten davon ausgegangen sein, die Arbeiten des Klägers seien nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Der Kläger wollte vielmehr für seine Leistungen zusammen mit seiner Familie in dem neu errichteten Haus wohnen und ihm sollte ein Wohnrecht eingeräumt werden.

Die Eheleute wollten zusammenwirken, um sich ein Einfamilienwohnheim zu schaffen, in dem sich die eheliche Lebensgemeinschaft verwirklichen ließ. Dennoch liege keine Ehegatteninnengesellschaft vor. Der Ehemann habe nur Beiträge geleistet, die der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen.

Daraus könne aber nicht gefolgert werden, dass das Verhalten der Parteie...

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