8.1 Was kann der Verwalter unternehmen?

Um es vorweg zu nehmen, der Verwalter hat gegen den störenden Mieter keine direkte Handhabe. Die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes und dessen Sanktionen sind auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zugeschnitten. Vertragliche Beziehungen bestehen ausschließlich zwischen Wohnungseigentümer und Mieter, nicht hingegen zwischen Verwalter und Mieter.

Sollte eine Sonderbeziehung zwischen Verwalter und Mieter derart bestehen, dass der Verwalter der Wohnungseigentumsanlage gleichzeitig auch Verwalter des vermieteten Sondereigentums ist, sind entsprechende Sanktionen unproblematisch möglich. Der Verwalter ist dann zur Abmahnung und Kündigung des Mieters berechtigt, so er über eine entsprechende Vollmacht des vermietenden Wohnungseigentümers verfügt.

 
Praxis-Tipp

Ermächtigung des Verwalters

Grundsätzlich sollte der Verwalter bereits im Rahmen der Gemeinschaftsordnung seitens der Eigentümergemeinschaft ermächtigt werden, entsprechende Maßnahmen gegen störende Mieter einleiten zu können.

8.2 Direkter Anspruch gegen den Mieter

Jeder Wohnungseigentümer hat einen aus § 1004 Abs. 1 BGB resultierenden Anspruch gegen einen Mieter oder Pächter, der ein Sonder- oder Teileigentum zweckbestimmungswidrig nutzt und die konkrete Nutzung bei typisierender Betrachtungsweise zu größeren Nachteilen der übrigen Wohnungseigentümer führt, als eine zweckbestimmungsgemäße Nutzung. Voraussetzung ist allerdings, dass er durch die zweckbestimmungsgemäße Nutzung konkret in seinem Sondereigentum beeinträchtigt ist. Ist dies nicht der Fall, können Unterlassungsansprüche nur durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden. Unabhängig hiervon ist jedenfalls die Zweckbestimmung durch Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums geworden und entfaltet auch gegenüber Dritten – insbesondere Mietern – dingliche Wirkung.[1] Eine mietvertraglich gestattete, jedoch der Zweckbestimmung widersprechende Nutzung entfaltet hingegen gegenüber dem gestörten Eigentümer keine bindende Wirkung. Aus diesem Grund ist ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB begründet. Ein derartiger Abwehranspruch greift mit absoluter Wirkung gegen jeden zweckwidrigen Nutzer durch. Eigentümer sind daher zur Duldung eines solchermaßen störenden Gebrauchs weder dem vermietenden bzw. verpachtenden Miteigentümer noch dem Nutzer gegenüber verpflichtet.[2] Den Individualanspruch auf Unterlassung können zum einen diejenigen Wohnungseigentümer geltend machen, die konkret in ihrem Sondereigentum gestört sind. Ist dies nicht der Fall, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Anspruch gerichtlich durchsetzen.

 
Praxis-Beispiel

Die Intensivpflege und Beatmungs-WG

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht insgesamt aus 10 Sondereigentumseinheiten. Das Erdgeschoss ist in der Teilungserklärung als "Büroetage" bezeichnet. Daneben befinden sich in den oberen Etagen ausschließlich Wohnungen. In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass die "Büroetage" zur Nutzung als Büro vorgesehen ist und die Wohnungen ausschließlich Wohnzwecken dienen. Die Teileigentümerin vermietet die Büroetage an den Betreiber von Intensivpflege- und Beatmungs-WGs. Auch in der Büroetage wird daher eine solche Einrichtung betrieben. Insgesamt werden dort 5 schwer kranke Personen von täglich mindestens 2 Pflegekräften versorgt. Daneben wird die Einrichtung ebenfalls täglich von medizinischen Fachkräften frequentiert und Besuchern der schwer kranken Patienten. Im Zuge des Abtransports verstorbener Patienten und der Einlieferung neuer, kam es bereits zu sichtbaren Beschädigungen im Eingangsbereich der Wohnanlage.

Da die Patienten rund um die Uhr an Überwachungsgeräte zur Überprüfung ihres Gesundheitszustands angeschlossen sind, die akustische Alarmsignale senden, soweit sich der Gesundheitszustand temporär verschlechtert, kommt es häufig nachts zu Störungen in den beiden über der Büroeinheit gelegenen Wohnungen. In diesen sind diese Alarmsignale nämlich zu hören. In den höher gelegenen Etagen sind die Signaltöne nicht zu vernehmen.

Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG regelt die Pflicht eines jeden Wohnungseigentümers, die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten, wobei diese Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber besteht und auch den Mieter trifft. Zunächst ist also der Rechtskreis der Gemeinschaft betroffen. Sowohl bei typisierender als auch bei konkreter Betrachtungsweise ist die Nutzung als Intensivpflege aufgrund der damit verbundenen stärkeren Inanspruchnahme des Teileigentums (hochfrequentierte Nutzung, Beschädigungen im Eingangsbereich) mit größeren Beeinträchtigungen verbunden, als dies bei einer zweckbestimmungsgemäßen Nutzung der Fall wäre; ein Unterlassungsanspruch besteht also. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss nun diesen Anspruch nicht an sich ziehen, die Ausübungsbefugnis verleiht ihr § 9a Abs. 2 WEG. Freilich muss aber dennoch ein Beschluss darüber gefasst werden, den Unterlassungsanspruch auch geltend zu machen.

Beeinträchtig...

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