Ist der Verwalter von sich aus zur Verkehrssicherung verpflichtet?

In Beantwortung dieser Frage ist zu differenzieren: Da die Pflicht zur Verkehrssicherung gemäß § 9a Abs. 2 WEG von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erfüllen ist und der Verwalter als ihr (Ausführungs-)Organ fungiert, trifft in erster Linie den Verwalter die Verpflichtung, Maßnahmen der Verkehrssicherung zu organisieren. Hierzu gehört, dass er Gefahrenquellen lokalisiert und Abhilfemaßnahmen entweder selbst in Angriff nimmt oder aber Beschlüsse der Wohnungseigentümer herbeiführt. Eine originäre Pflicht zur Verkehrssicherung trifft den Verwalter insoweit nicht, ihn treffen jedoch Organpflichten. Der Verwalter kann sich aber im Verwaltervertrag zugunsten der Wohnungseigentümer und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichten, die Verkehrssicherung als eigene Pflicht zu übernehmen.

Spiegeln die im Verwaltervertrag vereinbarten Pflichten lediglich die dem Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz ohnehin gesetzlich geregelten Pflichten wieder, lässt sich seine Verkehrssicherungspflicht allein hieraus nicht herleiten.[1]

Nach diesseits vertretener Auffassung[2] genügt es für die Übernahme der Verkehrssicherungspflicht nicht, wenn sich der Verwalter im Verwaltervertrag dazu verpflichtet hat, "im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alles zu tun, was zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung notwendig ist".[3]

Die Gebäudeunterhaltungspflichten nach §§ 838 i. V. m. 836 BGB treffen den Verwalter neben der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allerdings qua Gesetz aus seiner Garantenstellung, weil er für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums zuständig ist.[4]

Bestehen aufgrund Verordnung, Satzung oder sonstiger Rechtsvorschriften bestimmte Handlungs- oder Unterlassungspflichten, die sich an den Eigentümer – letztlich dann mit ihrer Ausübungsverpflichtung verbunden, also an die Gemeinschaft – richten, dürfte sich eine unmittelbare Verkehrssicherungspflicht des Verwalters hieraus nicht herleiten lassen. Obliegen z. B. nach entsprechender Orts- oder Gemeindesatzung der Gemeinschaft die Räum- und Streupflichten im Außenbereich der Wohnanlage, ist die Gemeinschaft verkehrssicherungspflichtig und nicht der Verwalter. Freilich ist zu beachten, dass der Verwalter als Organ der Gemeinschaft diese Verkehrssicherungspflicht zu organisieren hat.

[1] LG Hamburg, Beschluss v. 21.3.2016, 331 S 71/15, ZMR 2016 S. 655.
[2] So auch LG Hamburg, Beschluss v. 21.3.2016, 331 S 71/15, ZWE 2017 S. 51; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 303.
[4] BGH, Urteil v. 23.3.1993, VI ZR 172/92, NJW 1993 S. 1782.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge