Leitsatz

Der Anspruch des Mieters auf Mangelbeseitigung ist während der Mietzeit unverjährbar.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 195, 199, 535 Abs. 1

 

Kommentar

Die Mieterin bezog 1959 eine im obersten Stock eines Mehrfamilienhauses gelegene Wohnung. Im Jahr 1990 wurde das über den Mieträumen gelegene Dachgeschoss zu einer Wohnung ausgebaut und vermietet. Im August 2002 verlangte die Mieterin vom Vermieter einen verbesserten Trittschallschutz und Abhilfe gegen Geräuschbelästigungen aus dem WC der DG-Wohnung. Nachdem in der DG-Wohnung ein Mieterwechsel stattfand, hat die Mieterin diesen Anspruch nicht weiter verfolgt. Im Oktober 2006 – ca. 16 Jahre nach Fertigstellung der DG-Wohnung – kam die Mieterin auf ihr Anliegen zurück. In der Folgezeit wurde von einem Sachverständigen im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens festgestellt, dass die Trittschalldämmung unzureichend ist. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Anspruch der Mieterin verjährt ist.

Der Vermieter ist verpflichtet, die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Hieraus folgt unter anderem, dass der Vermieter Mängel der Mietsache zu beseitigen hat. Umstritten ist, ob der Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters der Verjährung unterliegt.

Zwei Theorien stehen sich gegenüber: Nach einer teilweise vertretenen Meinung folgt aus dem Mietvertrag ein Stammrecht auf fortgesetzte Erfüllung, aus dem sich beim Auftreten von Mängeln neue rechtliche, unabhängige Einzelansprüche auf Mängelbeseitigung ergeben. Das Stammrecht ist unverjährbar; der aus dem Stammrecht fließende Anspruch auf Beseitigung eines konkreten Mangels unterliegt dagegen der Regelverjährung (Lehmann-Richter, NJW 2008 S. 1196, 1199; NZM 2009 S. 761, 765; im Ergebnis ebenso: Feuerlein, WuM 2008 S. 385, 386; Schmid, ZMR 2009 S. 585, 586). Folgt man dieser Ansicht, beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Mangel entsteht und der Mieter davon Kenntnis erlangt hat; sie endet drei Jahre später (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).

Im Entscheidungsfall hatte die Mieterin spätestens im August 2002 Kenntnis von den Lärmstörungen. Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs wäre damit am 31.12.2005 eingetreten.

Nach herrschender Meinung folgt aus dem Mietvertrag dagegen ein einheitlicher, nicht verjährbarer Anspruch auf dauernde Leistung (AG Berlin-Tiergarten, Teilurteil v. 3.4.2009, 9 C 1/07, WuM 2009 S. 453; Streyl, WuM 2009 S. 630; Both, GE 2009 S. 238, 239; Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, § 535 BGB Rdn. 217; Palandt/Weidenkaff, § 535 Rdn. 31; Häublein in: MünchKomm, § 535 Rdn. 107; Kandelhard in: Herrlein/Kandelhard, § 548 BGB Rdn. 64; Kubik, MDR 1983 S. 285, 286).

Der BGH teilt diese Ansicht: Bei dem Mangelbeseitigungsanspruch handelt es sich um eine vertragliche Dauerverpflichtung. Eine solche Verpflichtung "kann während des Bestehens des Vertragsverhältnisses schon begrifflich nicht verjähren, denn sie entsteht während dieses Zeitraums gleichsam ständig neu, auch soweit sie darauf gerichtet ist, bereits aufgetretene Mängel zu beseitigen".

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 17.2.2010, VIII ZR 104/09, NJW 2010 S. 1292

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