Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin begehrte unbeschränkte Beiordnung als Verfahrensbevollmächtigter im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe in einer die Antragstellerin betreffenden Familiensache.

 

Sachverhalt

Das Familiengericht hatte der Antragstellerin durch Beschluss in einer Familiensache Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und ihr Rechtsanwalt K. aus F. zu den Bedingungen eines am Sitz des Verfahrensgerichts ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.

Gegen diesen Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, eine Beschränkung der Beiordnung zu den Bedingungen eines am Sitz des Gerichts ansässigen Rechtsanwalts komme nicht in Betracht. Jedenfalls müssten die Fahrtkosten vom Wohnsitz der Antragstellerin in M. zum Verfahrensgericht erstattet werden, da sie berechtigt sei, einen an ihrem Wohnsitz ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Zumindest müsse die Beiordnung zu den Bedingungen eines am Gerichtsort zugelassenen Anwalts erfolgen.

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG vorgelegt.

Das Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.

 

Entscheidung

Das OLG hielt den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für beschwerdeberechtigt, da er durch die Einschränkung auf die Vergütungsansprüche eines ortsansässigen Anwalts beschwert sei (BGH NJW 2006, 3783).

Die uneingeschränkte Beiordnung des Beschwerdeführers komme allerdings nicht in Betracht.

Gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 121 Abs. 3 ZPO dürfe ein nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entständen. Diese Regelung führe jedoch nicht dazu, dass Reisekosten vollständig vermieden würden. Ein beigeordneter Rechtsanwalt habe gemäß § 45 Abs. 1 RVG einen Anspruch auf die gesetzliche Vergütung. Dazu gehörten gemäß § 46 Abs. 1 RVG auch Auslagen, insbesondere Reisekosten, soweit sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich seien.

An diese Erforderlichkeit beständen bei der Wahrnehmung von Gerichtsterminen durch den VKH-Anwalt in der Regel keine Zweifel (MünchKomm/Motzer, BGB, 3. Aufl. 2008, § 121 Rz. 17).

Zu den erstattungsfähigen Reisekosten gehörten nach dem Wegfall von § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO auch Reisekosten des Rechtsanwalts für Geschäftsreisen, deren Ziel außerhalb der Gemeinde liege, in der sich seine Kanzlei befinde.

Somit seien die Reisekosten des Rechtsanwalts, der zwar im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassen sei, seine Kanzlei jedoch nicht am Gerichtsort habe, zu vergüten (Zöller/Geimer, a.a.O., § 121 Rz. 13; Musielak/Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 121 Rz. 19).

Höhere Reisekosten i.S.d. § 121 Abs. 3 ZPO könnten somit nur entstehen, wenn die Entfernung der Kanzlei des nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts weiter vom Prozessgericht entfernt sei, als der am weitesten im Gerichtsbezirk entfernte Ort. In diesen Fällen sei die Beschränkung des § 121 Abs. 3 ZPO vorzunehmen.

Der Beiordnungsantrag des auswärtigen Rechtsanwalts enthalte regelmäßig sein konkludentes Einverständnis mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiordnung. Bei einem Rechtsanwalt werde die Kenntnis des Mehrkostenverbots des § 121 Abs. 3 ZPO vorausgesetzt. Wenn ein auswärtiger Rechtsanwalt gleichwohl seine Beiordnung beantrage, müsse er davon ausgehen, dass seinem Antrag nur im gesetzlichen Umfang stattgegeben werde.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.09.2010, 18 WF 72/10

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