Leitsatz

Das OLG Brandenburg hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, wann und unter welchen Voraussetzungen in Umgangsverfahren im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe die Beiordnung eines Rechtsanwalts geboten ist.

 

Sachverhalt

Die Eltern stritten um das Umgangsrecht des Kindesvaters mit dem gemeinsamen Sohn. Eine mit anwaltlicher Hilfe und unter Vermittlung des Jugendamts zustande gekommene Einigung brachte keine Stabilität. Beide Eltern beklagten unabhängig voneinander beim Jugendamt, dass der jeweils andere Elternteil die getroffene Vereinbarung unterlaufe. Der Versuch des Jugendamts, ein weiteres gemeinsames Gespräch der Kindeseltern zu organisieren, scheiterte.

Der Kindesvater beantragte daraufhin die Herbeiführung einer Umgangsregelung über das Familiengericht. Seinem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wurde entsprochen, die Beiordnung eines Anwalts abgelehnt.

Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG war dem Antragsteller der von ihm gewählte Rechtsanwalt zur Vertretung beizuordnen.

Da in dem Umgangsverfahren eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben sei, sei dem Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt nur beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheine. Dabei könne sich das Verfahren für einen Beteiligten auch allein wegen einer schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Schließlich beurteile sich die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten. Maßgebend seien daher neben Umfang und Schwierigkeit der Rechtssache auch die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09 - zitiert nach juris).

Auch nach der Neuregelung der Anwaltsbeiordnung bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe durch das FamFG müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen entscheidend darauf abgestellt werden, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BGH, a.a.O., BVerfG NJW-RR 2007, 1713; BVerfGE 63, 380).

Die verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift des § 78 Abs. 2 FamFG gebiete es daher, dem bedürftigen Beteiligten dann einen Anwalt beizuordnen, wenn aus seiner Sicht die Sach- oder Rechtslage so schwierig sei, dass eine anwaltliche Vertretung geboten erscheine.

So sei die Sachlage im vorliegenden Fall. Nach langer Uneinigkeit über das Umgangsrecht hätten die Eltern mit anwaltlicher Hilfe und unter Vermittlung des Jugendamtes eine Einigung herbeigeführt, die jedoch keinen Bestand gehabt habe. Beide Eltern hätten unabhängig voneinander beim Jugendamt beklagt, dass der jeweils andere Elternteil die Vereinbarung unterlaufe.

Damit stehe fest, dass Versuche, ohne fremde Hilfe zu einer für beide Seiten annehmbaren einvernehmlichen Regelung im Interesse des Kindes zu finden, fehlgeschlagen seien. Auch Vermittlungsversuche des Jugendamtes seien ohne nachhaltigen Erfolg geblieben.

In Anbetracht dieser Ausgangslage sei die Sach- und Rechtslage daher durchaus schwierig und die Beiordnung eines Rechtsanwalts geboten.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 31.08.2010, 9 WF 22/10

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge