Leitsatz

Getrennt lebende Eheleute waren Eigentümer einer Doppelhaushälfte zu je 1/2. Der Ehemann zog dort aus und verlangte von der Ehefrau unter Hinweis auf § 745 BGB Nutzungsentschädigung. Seine Ansprüche machte er klageweise vor dem LG geltend. Es stellte sich die Frage der Zuständigkeit des von ihm angerufenen Gerichts.

 

Sachverhalt

Getrennt lebende Eheleute waren Eigentümer einer Doppelhaushälfte zu je 1/2. Nach der Trennung zog der Ehemann dort aus. Er verlangte von der Ehefrau, die mit dem gemeinsamen Sohn verblieben war, Nutzungsentschädigung. Hierbei stützte er sich auf § 745 BGB und erhob Klage vor dem LG. Die Ehefrau rügte die Zuständigkeit des Gerichts und vertrat die Auffassung, da § 1361b BGB die richtige Anspruchsgrundlage sei, sei die Zuständigkeit des FamG gegeben. Der Ehemann verblieb bei der von ihm vertretenen Auffassung. Die Wohnung stelle nach seinem endgültigen Auszug keine Ehewohnung mehr dar, daher sei das Zivilgericht zuständig.

Das LG wies die Klage als unzulässig ab.

Hiergegen legte der Ehemann Berufung ein, die im Wesentlichen unbegründet war.

 

Entscheidung

Auf die Berufung des Ehemannes hob des OLG das Urteil des LG unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen auf und verwies den Rechtsstreit an das örtlich und sachlich zuständige FamG. Das Zivilgericht sei für den vorliegenden Rechtsstreit nicht zuständig. Für getrennt lebende Eheleute, die zugleich Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB an einer Ehewohnung seien, verdränge für die Frage einer zu zahlenden Nutzungsentschädigung die Regelung des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB die allgemeine Regelung des § 745 Abs. 2 BGB als lex specialis für die Trennungszeit. Dies gelte auch dann, wenn der weichende Ehegatte die Ehewohnung freiwillig verlasse und dem anderen deren Nutzung freiwillig überlassen habe, somit die eigentliche Zuweisung der Ehewohnung nicht Streitgegenstand sei. Seit der Neufassung des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB durch das Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 komme es nicht mehr auf die Frage des Grundes für den Auszug des anspruchstellenden Ehegatten an (vgl. KG - 13.12.2007 - 2 AR 60/07 JURIS; OLG München - 17.4.2007 - FamRZ 2007, 824; Brandenburg - 7.6.2006 - FamRZ 2006, 1392; OLG Jena - 22.11.2005 - FamRZ 2006, 868; OLG Dresden - 10.5.2005 - NJW 2005, 3151; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1361b Rz. 20; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. § 621 Rz. 52b; Staudinger/Voppel (2007), § 1361b Rz. 88; Brudermüller, FamRZ 2006, 1157 [1159]; Finke, FF 2007, 185).

Hiergegen spreche auch nicht die Entscheidung des BGH vom 15.2.2006 (FamRZ 2006, 930), in der der BGH eine verdrängende Spezialregelung (nur) für § 1361b Abs. 2 BGB a.F. auf dem Hintergrund verneint, dass für den freiwillig weichenden Alleineigentümer eine planwidrige Regelungslücke bestehe. Der BGH habe diese Regelungslücke durch eine analoge Anwendung des § 1361b Abs. 2 BGB a.F. geschlossen, und zwar für alle Fälle, in denen der Eigentümer-Ehegatte die bisherige Ehewohnung freiwillig verlasse. Im Übrigen sehe auch der BGH diese Regelungslücke durch die Neufassung des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB als geschlossen an.

Wegen der verdrängenden Spezialregelung des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB stehe dem Kläger auch kein Wahlrecht zu, auf welche Vorschrift er seinen Anspruch stütze. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB sei anwendbar, da es sich bei der streitbefangenen Wohnung noch um die Ehewohnung der Parteien handele. Der Status als Ehewohnung sei weder durch den endgültigen Auszug des Ehemannes noch durch die widerstreitenden Scheidungsanträge aufgehoben worden.

Der Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung während der Trennungszeit könne nur auf § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB gestützt werden. Es handele sich hierbei um eine Familiensache mit der Folge, dass der Rechtsstreit gemäß §§ 18, 18a HausrVO von Amts wegen an das zuständige FamG abzugeben sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Urteil vom 27.02.2008, I-33 U 29/07

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