Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahren auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach Auszug aus der Ehewohnung ist Familiensache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verlangt bei getrennt lebenden Ehegatten, die zugleich Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB an der Ehewohnung sind, der weichende Ehegatte von dem in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten die Zahlung einer Nutzungsentschädigung, so richtet sich sein Anspruch nach § 1361b III 2 BGB, der die allgemeine Regelung des § 745 II BGB als lex specialis für die Trennungszeit verdrängt.

2. Zuständig für eine Regelung nach § 1361b III 2 BGB ist ausschließlich das FamG.

 

Normenkette

BGB § 745 Abs. 2, § 1361b Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 26.09.2007; Aktenzeichen 19 O 255/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 26.9.2007 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Essen aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird an das örtlich und sachlich zuständige AG - FamG - Hattingen abgegeben.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in genannter Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

(gem. § 540 ZPO)

I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Sie sind Eigentümer einer Doppelhaushälfte zu je ½, die den Parteien als Ehewohnung diente und aus der der Kläger im Zuge der Trennung am 9.11.2005 ausgezogen ist.

Von der Beklagten, die die Wohnung nunmehr mit dem gemeinsamen Sohn allein nutzt, verlangt der Kläger ab Dezember 2005 die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in monatlicher Höhe von 500 EUR, die er bereits vorprozessual mit Anwaltsschreiben vom 30.11.2005 i.H.v. monatlich 900 EUR geltend gemacht hat.

Er ist der Ansicht, dass sich sein Anspruch aus § 745 II BGB ergebe und deshalb das LG zuständig sei.

Die Beklagte rügt die Zuständigkeit des Zivilgerichts und macht in der Sache geltend, dass die Nutzungsentschädigung in Form eines Wohnwertes i.H.v. monatlich 500 EUR bereits unterhaltsrechtlich im Trennungsunterhaltverfahren berücksichtigt sei.

Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen und dies unter Hinweis auf eine im Vordringen befindliche Rechtsprechung der OLG damit begründet, dass das FamG sachlich zuständig sei, weil § 1361b III 2 BGB als lex specialis § 745 II BGB verdränge.

Wegen der Begründung im Einzelnen und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Verweisungen Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er ist unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag weiterhin der Auffassung, dass er seinen Anspruch auf § 745 II BGB stützen könne und deshalb die Zivilgerichte zuständig seien. § 1361b BGB sei auch deshalb nicht einschlägig, weil es sich bei der streitgegenständlichen Wohnung nicht mehr um die Ehewohnung handele. Die Wohnung habe ihren Status als Ehewohnung dadurch verloren, dass er diese endgültig verlassen und eine Nutzungeentschädigung nach § 745 II BGB bereits mit Anwaltsschreiben vom 30.11.2005 verlangt und erklärt habe, dass er eine irgendwie geartete Mitnutzung nicht beabsichtige. Allerspätestens sei die Qualität als Ehewohnung durch die widerstreitenden Scheidungsanträge verloren gegangen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach den in 1. Instanz gestellten Anträgen zu erkennen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurückzuverweisen, äußerst hilfsweise, den Rechtsstreit an das FamG Hattingen zu verweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, dass die Wohnung ihre Qualität als Ehewohnung durch die wechselseitigen Scheidungsanträge nicht verloren habe. Dies widerspräche der Hausratsverordnung, die die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nach Scheidung der Ehe betreffe.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist im Wesentlichen unbegründet.

Der Rechtsstreit ist gem. §§ 18, 18a HausrVO an das nach § 11 HausrVO zustände FamG abzugeben.

1. Mit dem Hauptantrag hat die Berufung keinen Erfolg, da die Zivilgerichte für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht zuständig sind.

a) Für getrennt lebende Eheleute, die zugleich Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB an der Ehewohnung sind, verdrängt für die Frage einer zu zahlenden Nutzungsentschädigung die Regelung des § 1361b III 2 BGB die allgemeine Regelung des § 745 II BGB als lex specialis für die Trennungszeit. Dies gilt auch dann, wenn der weichende Ehegatte die Ehewohnung freiwillig verlassen und dem verbleibenden Ehegatten freiwillig zur Nutzung überlassen hat und somit die eigentliche Zuweisung der Ehewohnung nicht Streitgegenstand war oder ist, da es sei...

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