Rz. 26

Nach der Normalisierung der Beziehungen mit Israel haben die VAE unlängst weitere Reformen verabschiedet:

Unverheirateten Paaren ist es nun offiziell gestattet, in einer gemeinsamen Wohnung zusammenzuleben.
Die bislang mögliche Strafmilderung bei sog. Ehrenmorden ist abgeschafft.
Personen über 21 Jahre bedürfen keiner Alkohollizenz mehr, um Alkohol zu kaufen und zu konsumieren.
Die Strafbarkeit für einen Suizidversuch ist abgeschafft.
Ausländische Staatsbürger können nun Scheidungen oder Erbschaften nach den Gesetzen ihrer Heimatstaaten durchführen.
 

Rz. 27

Am 1.7.2015 trat in den VAE ein neues Gesellschaftsgesetz in Kraft. Leider hat dieses Gesetz mit der offiziellen Bezeichnung Federal Law No. 2 of 2015 on Commercial Companies (Gesellschaftsgesetz) für die meisten ausländischen Investoren grundsätzlich keine signifikanten Vorteile geboten.

Das Gesellschaftsrecht hat nämlich keine mehrheitliche Beteiligung von Ausländern am Gesellschaftskapital vorgesehen. Eine VAE-GmbH (LLC) konnte somit weiterhin nicht mehrheitlich in ausländischem Eigentum stehen. Es war weiterhin eine Beteiligung von VAE-Staatsangehörigen am Gesellschaftskapital gesetzlich vorgeschrieben. 51 % des Gesellschaftskapitals mussten stets einem VAE-Staatsangehörigen oder einer 100 % in VAE-Eigentum stehenden juristischen Person überlassen werden. Lediglich in Freihandelszonen der VAE besteht dieses Erfordernis nicht.

Trotz der vorgegebenen Rechtslage war ausländischen Investoren meist daran gelegen, die Kapitalmehrheit und damit die Entscheidungsgewalt hinsichtlich einer LLC innezuhaben. In der Vergangenheit wurden in der Praxis oft vertragliche Nebenvereinbarungen zum Gesellschaftsvertrag getroffen, in denen die wahre Intention der Gesellschafter festgelegt wurde. Diese Konstellation war als sog. Sponsorvertrag bekannt. Der ausländische Investor zahlte dabei das gesamte Stammkapital der Gesellschaft ein. Der lokale Partner fungierte als Treuhänder (Sponsor) der Gesellschaftsanteile des ausländischen Gesellschafters, der somit alleiniger Gesellschafter der LLC war. Der lokale Gesellschafter erhielt im Gegenzug eine gewisse jährliche Aufwandsentschädigung und wurde von Haftungsansprüchen im Innenverhältnis freigestellt.

 

Rz. 28

Dies hat sich nun grundlegend geändert! Die VAE haben am 23.11.2020 insgesamt 51 Änderungen zum Gesellschaftsgesetz sowie drei neue Paragraphen angekündigt (die meisten Änderungen gelten für Aktiengesellschaften und LLCs), die u.a. die Mehrheitsbeteiligung eines VAE-Staatsangehörigen oder einer 100 % in VAE-Eigentum stehenden juristischen Person an einer LLC oder anderen Gesellschaftsformen nicht mehr vorsehen. Diese Regelung ermöglicht es ausländischen Investoren, 100 % der Anteile eines Unternehmens in den VAE außerhalb einer Freihandelszone zu halten.

Weiterhin benötigen Zweigniederlassungen in der Form eines Repräsentationsbüros oder einer Branch keinen lokalen Service Agent mehr, der ebenfalls eine gewisse jährliche Aufwandsentschädigung erhielt. Der Wegfall dieses rechtlichen Formerfordernisses ist ein weiterer Investitionsanreiz für ausländische Unternehmen.

Weiterhin können der Geschäftsführer und die leitenden Angestellten eines Unternehmens nunmehr wegen Betrugs oder Amtsmissbrauchs abberufen werden. Gesellschafter eines Unternehmens können dieses selbst nun auf Schadensersatz bei solchen Pflichtverletzungen verklagen.

Darüber hinaus ist jetzt eine elektronische Abstimmung für Anträge auf Gesellschafterversammlungen zulässig.

Unternehmen, die an die Börse gehen möchten, können nun bis zu 70 % ihrer Anteile in einem IPO verkaufen (zuvor maximal 30 %), was erhebliche Auswirkungen auf die Liquidität des lokalen Kapitalmarkts haben wird.

Die bislang geltende Vorschrift, dass der Vorsitzende von börsennotierten Aktiengesellschaften ein VAE-Staatsangehöriger und der Aufsichtsrat in der Mehrzahl mit VAE-Staatsangehörigen besetzt sein muss, wurde ebenfalls gestrichen. Allerdings haben die lokalen Behörden die Möglichkeit, den genauen Anteil der Beteiligung von VAE-Staatsangehörigen im Aufsichtsrat bei börsennotierten Unternehmen zu bestimmen.

 

Rz. 29

Während die meisten Änderungen zum Gesellschaftsgesetz ab 1.12.2020 wirksam wurden, wurden die Änderungen in Bezug auf den Wegfall des lokalen Mehrheitserfordernisses im Gesellschaftsrecht, den Wegfall des Erfordernisses des lokalen Service Agents bei ausländischen Zweigniederlassungen sowie hinsichtlich des Aufsichtsrats bei börsennotierten Aktiengesellschaften am 1. Juni 2021 wirksam. Die Änderungen gelten allerdings nicht für strategisch wichtige Sektoren wie die Öl- und Gasexploration, Versorgungsunternehmen sowie für staatliche Unternehmen.

 

Rz. 30

Die Reformen des Gesellschaftsrechts sind weitreichend, aber die Beseitigung der Forderung nach einem lokalen Sponsor und Service Agent für Unternehmen, die außerhalb von Freihandelszonen tätig sind, ist als der größte Anreiz für neue Investitionen zu bewerten. Unternehmen, die den VAE-Markt wegen des lokalen Mehrheits...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge