Leitsatz

Gegenstand dieses Verfahrens war primär die Frage, wann und unter welchen Umständen der Lauf der Anfechtungsfrist gemäß § 1600b Abs. 5 S. 3 BGB infolge höherer Gewalt gehemmt wird.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller war rechtlicher Vater eines in der Ehe geborenen Kindes, das von einem anderen Mann abstammte. Im Scheidungsurteil war ausgeführt worden, dass nach den Angaben beider Parteien dieses Kind nicht von dem Ehemann abstamme. Über die sich hieraus für ihn ergebenden Folgen war der Antragsteller nicht aufgeklärt. Er erhob erst sieben Jahre später Anfechtungsklage und vertrat die Auffassung, dass er als Stallmeister mit Büroarbeiten und amtlichen Erklärungen keine Erfahrung habe. Er berief sich insoweit auf höhere Gewalt, da er an der rechtzeitigen Erhebung der Anfechtungsklage verhindert gewesen sei.

Für den von ihm beabsichtigten Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft wurde ihm Prozesskostenhilfe versagt. Die hiergegen von ihm eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Sowohl das AG als auch das OLG haben dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht entsprochen. An die Annahme höherer Gewalt seien strenge Anforderungen zu stellen. Das Hindernis einer Rechtsverfolgung müsse auf Ereignissen beruhen, die auch durch die äußerste, nach der Sachlage vom Betroffenen vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden könnten (vgl. BGH FamRZ 2008, 1921, 1923). Bereits das geringste Verschulden schließe höhere Gewalt aus.

Die Rechtsunkenntnis oder ein Rechtsirrtum des Antragstellers stellten i.d.R. keine höhere Gewalt dar. Ausnahmen hiervon seien in der Rechtsprechung dann angenommen worden, wenn ein Fehlverhalten von Behörden oder Gerichten den Rechtsirrtum hervorgerufen oder verstärkt hätten.

Aus dem Scheidungsverfahren sei dem Antragsteller bekannt gewesen, dass er nicht Vater des aus der Ehe hervorgegangenen Kindes sei. Demzufolge hätte er innerhalb der Anfechtungsfrist Klage erheben müssen. Wenn ihm seine damalige Prozessbevollmächtigte darüber nicht informiert habe, müsse er sich dieses Verschulden gemäß § 85 Abs. 2 ZPO anrechnen lassen. Eine höhere Gewalt i.S.v. § 206 BGB liege nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Beschluss vom 20.04.2010, 15 WF 66/10

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