Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob die Anfechtung der Vaterschaft durch den Putativvater dadurch ausgeschlossen ist, dass er bereits vor Abgabe der Anerkennungserklärung Kenntnis vom Mehrverkehr der Kindesmutter hatte.

 

Sachverhalt

Die Eltern des am 3.10.2009 geborenen Kindes waren seit dem 19.3.2010 verheiratet, lebten jedoch seit Dezember 2010 voneinander getrennt. Der Antragsteller hatte zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach der Geburt des Kindes, aber vor dem 26.11.2009, die Vaterschaft zu dem Kind mit Zustimmung der Kindesmutter wirksam anerkannt. Das AG hatte mit Beschluss vom 10.1.2012 antragsgemäß festgestellt, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei. Es hatte zuvor ein DNA-Gutachten eingeholt, das aufgrund der Untersuchung des Antragstellers, des Kindes und der Kindesmutter zu dem Ergebnis kam, dass die Vaterschaft des Antragstellers auszuschließen sei.

Gegen diese Entscheidung legte die Kindesmutter Beschwerde ein und führte zur Begründung an, der Antragsteller habe sein Recht zur Anfechtung der Vaterschaft verwirkt, weil er die Vaterschaftsanerkennung in Kenntnis der Tatsache erklärt habe, dass sie während der Empfängniszeit einen einmaligen Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe.

Sie beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren, die ihr nicht gewährt wurde.

Die hiergegen von ihr eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Zu Recht habe das Familiengericht gemäß § 1599 BGB, §§ 169 ff. FamFG festgestellt, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei.

Das Anfechtungsrecht des Putativvaters sei auch nicht ausgeschlossen gewesen. Das Gesetz nenne als einzigen Ausschlussgrund die Versäumung der Frist des § 1600b BGB und wolle damit nach Ablauf dieser Zeit Rechtssicherheit und Rechtsfrieden eintreten lassen. Solange diese Frist noch laufe, gebe es keinen gesetzlich normierten Ausschlusstatbestand.

Die Möglichkeit der Verwirkung des Anfechtungsrechts sei weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur anerkannt. Selbst bei einer bewusst falschen Vaterschaftsanerkenntniserklärung sei die spätere Anfechtung der Vaterschaft zulässig (OLG Köln FamRZ 2002, 629 = NJW 2002, 901, Gerhardt/Pieper, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 7. Aufl., 3 Kap., Rz. 124).

Das Gesetz mache das Anfechtungsrecht nicht davon abhängig, dass der Anerkennende erst nach der Anerkenntniserklärung Kenntnis von gegen seine Vaterschaft sprechenden Umständen erlange. Vielmehr sei ausschließlicher Anfechtungsgrund die objektive Unrichtigkeit einer Vaterschaftsanerkennung.

Die Anfechtung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie möglicherweise den Interessen des betroffenen Kindes zuwiderlaufe, da es bei einer Anfechtung durch den Putativvater nicht auf das Kindeswohl ankomme.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.04.2012, 9 UF 271/12

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