Das Wichtigste in Kürze:

1. Nach § 138a Abs. 1 Nr. 1 kommt ein Ausschluss bei Verdacht der Tatbeteiligung in Betracht.
2. Nach § 138a Abs. 1 Nr. 2 kann der Verteidiger ausgeschlossen werden, wenn er den ungehinderten Verkehr mit dem sich nicht auf freiem Fuß befindenden Mandanten missbraucht.
3. § 138a Abs. 3 Nr. 3 sieht den Ausschluss vor für den Fall der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei.
4. § 138b regelt schließlich die Ausschließung in Staatsschutzsachen.
 

Rdn 4820

 

Literaturhinweise:

Kröpil, Zum Begriff des Missbrauchs in den §§ 241 Abs. 1, 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO, JR 1997, 315

ders., Zum Meinungsstreit über das Bestehen eines allgemeinen, strafprozessualen Missbrauchsverbots, JuS 1997, 355

Rotsch/­Sahan, § 3 StPO und die materiell-rechtlichen Regelungen von Täterschaft und Teilnahme oder: Gibt es einen strafprozessualen Beteiligtenbegriff?, ZIS 2007, 142

s.a. die Hinw. bei → Verteidiger, Ausschluss, Allgemeines, Teil V Rdn 4808.

 

Rdn 4821

Die StPO sieht in §§ 138a Abs. 1, 138b insgesamt vier Ausschlussgründe vor.

 

Rdn 4822

1. Der Ausschlussgrund, der in der Praxis am häufigsten Anwendung finden dürfte, ist der des § 138a Abs. 1 Nr. 1. Danach kann der Verteidiger ausgeschlossen werden, wenn er an der Tat i.S.d. § 264, die dem Verfahren gegen den Mandanten zugrunde liegt, beteiligt ist (zu den Anforderungen an den Antrag/Vorlagebeschluss OLG Rostock StV 2016, 142 [Ls.]).

 

Rdn 4823

Insoweit lassen sich folgende Grundsätze aufstellen (auch Burhoff StRR 2012, 404 m.w.N.; Frye wistra 2005, 86, 87):

Das Tatgeschehen muss als Straftat anzusehen,
die (Tat-)Beteiligung muss dem Verteidiger vorwerfbar sein (BGH NJW 1986, 143),
der Verteidiger muss vorsätzlich beteiligt sein.
 

☆ Nicht erforderlich ist, dass das dem Verteidiger zur Last gelegte Verhalten strafgerichtlich geahndet werden kann, es reicht ein drohendes berufsgerichtliches Verfahren (BGH wistra 2000, 311 m.w.N. [für fehlenden Strafantrag]). Bei einem nur auf Antrag zu verfolgenden Delikt wird nicht vorausgesetzt, dass auch gegen den Verteidiger Strafantrag gestellt worden ist.reicht ein drohendes berufsgerichtliches Verfahren (BGH wistra 2000, 311 m.w.N. [für fehlenden Strafantrag]). Bei einem nur auf Antrag zu verfolgenden Delikt wird nicht vorausgesetzt, dass auch gegen den Verteidiger Strafantrag gestellt worden ist.

Beteiligt sein bedeutet, dass eine der in den §§ 2527 StGB aufgeführten Formen von Täterschaft und Teilnahme, also der (Mit-)Täterschaft, der mittelbaren Täterschaft, der Anstiftung und der Beihilfe gegeben sein muss; es reichen also grds. sämtliche Formen der Täterschaft und Teilnahme aus, also auch die sog. Nebentäterschaft (BGH, Beschl. v. 18.4.2018 – 2 ARs 542/17, StV 2020, 147). Eine Beteiligung i.S.d. § 60 Nr. 2, nämlich i.S.e. bloßen Mitwirkung (Meyer-Goßner/Schmitt, § 60 Rn 12 m.w.N.), reicht nicht aus (Meyer-Goßner/Schmitt, § 138a Rn 5; Rotsch/Sahan ZIS 2007, 142, 149; s.a. OLG Hamm StraFo 1998, 415).

 

Rdn 4824

2. Nach § 138a Abs. 1 Nr. 2 kann der Verteidiger ausgeschlossen werden, wenn er den Verkehr mit dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten dazu missbraucht, Straftaten zu begehen oder die Sicherheit einer Vollzugsanstalt erheblich zu gefährden.

 

☆ Diese Ausschließungsmöglichkeit muss man im Licht der Terroristenverfahren der 70er-Jahre sehen und sie sollte nur mit Vorsicht und Zurückhaltung angewendet werden. Sie führt nämlich schnell zu einer bloßen Verdachtsstrafe, ggf. ist der angestrebte Erfolg auch mit milderen Mitteln, z.B. einer Durchsuchung, zu erreichen ( Beulke , a.a.O., S. 226; zur Bestimmung des Begriffs Missbrauch i.S.d. Vorschrift Kröpil JR 1997, 316 f. m.w.N.).Zurückhaltung angewendet werden. Sie führt nämlich schnell zu einer bloßen Verdachtsstrafe, ggf. ist der angestrebte Erfolg auch mit milderen Mitteln, z.B. einer Durchsuchung, zu erreichen (Beulke, a.a.O., S. 226; zur Bestimmung des Begriffs "Missbrauch" i.S.d. Vorschrift Kröpil JR 1997, 316 f. m.w.N.).

 

Rdn 4825

Voraussetzung für die Anwendung dieses Ausschließungsgrundes ist:

Der Mandant des Verteidigers befindet sich nicht auf freiem Fuß. Das ist jeder, dem die Freiheit auf Anordnung eines Richters oder einer Behörde entzogen und der dadurch in der Wahl seines Aufenthalts beschränkt ist (BGHSt 4, 396, 398; 13, 209, 212), also z.B. bei Untersuchungshaft oder bei vorläufiger Unterbringung usw.
Der Missbrauch zu den genannten verfahrensfremden Zwecken muss sich auf den freien mündlichen und schriftlichen Verkehr des Verteidigers mit dem Beschuldigten i.S.d. § 148 Abs. 1 (→ Verkehr des Verteidigers mit dem inhaftierten Beschuldigten, Teil V Rdn 4660) beziehen (s.a. Kröpil JR 1997, 317). Ob der Mandant davon weiß, ist unerheblich (Meyer-Goßner/Schmitt, § 138a Rn 6).
Wird dem Verteidiger Missbrauch zur Begehung von Straftaten vorgeworfen, reicht zum Ausschluss nicht nur der Verdacht, dass der Verteidiger künftig eine Straftat begehen wird.
Die Sicherheit einer Vollzugsanstalt ist gefährdet, wenn konkrete Gefahren für Pe...

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