Rz. 542

In sachlicher Hinsicht führt die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung oder eine Zustiftung zu einer solchen zu einer unentgeltlichen Zuwendung von Vermögen an eine andere (juristische) Person, die Stiftung. Vermögensübertragungen an eine Stiftung gelten daher als Erwerb von Todes wegen bzw. Schenkung unter Lebenden im Sinne des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts.

 

Rz. 543

Die Erbschaftsteuerpflicht für Zuwendungen aufgrund einer Stiftung von Todes wegen ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG. Unerheblich ist für erbschaftsteuerliche Zwecke, ob der Erblasser die Errichtung der Stiftung unmittelbar angeordnet hat, oder ob ein Erbe aufgrund einer ihn beschwerenden Auflage des Erblassers die Stiftung durch eigenes Stiftungsgeschäft unter Lebenden errichten muss (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Nr. 2 ErbStG).[830]

Für den Fall, dass eine bereits bestehende Stiftung durch Erbeinsetzung oder Vermächtnisanordnung bedacht wird, ordnet § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Erbschaftsteuerpflicht einer Zustiftung von Todes wegen an; beruht die Zuwendung auf einer Auflage, greift der Steuertatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG.

 

Rz. 544

Wird die Stiftung bereits zu Lebzeiten des Stifters errichtet, wird die Übertragung der Erstausstattung seitens des Steuergesetzgebers als Schenkung unter Lebenden qualifiziert.[831] Sie ist daher gem. § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG schenkungsteuerpflichtig.

Die lebzeitige Zustiftung unterliegt regelmäßig als freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) der Schenkungsteuer. Hat der Stifter im Stiftungsgeschäft bereits hinreichend konkretisierte Verpflichtungen zu weiteren Zuwendungen übernommen, so liegt in der Erfüllung dieser Verpflichtungen ein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG.[832] An der die Schenkungsteuerpflicht begründenden Freigebigkeit fehlt es dagegen, wenn die Zustiftung objektiv oder subjektiv entgeltlich erfolgt.[833]

 

Rz. 545

Die objektive Unentgeltlichkeit entfällt, wenn der Vermögenshingabe eine äquivalente Gegenleistung gegenübersteht.[834] Hierzu zählen jedoch nicht die satzungsmäßigen Leistungen, die von der Stiftung an den Stifter oder Dritte zu erbringen sind.[835]

Demgegenüber können Versorgungsleistungen, die nicht in der Satzung vorgesehen sind, sondern anlässlich der Zustiftung auferlegt oder vereinbart werden und mit der Zuwendung verknüpft sind, als Gegenleistungen zu bewerten sein.[836] Übersteigt der Verkehrswert des zugestifteten Vermögens den Verkehrswert der Versorgungsleistungen, so handelt es sich um eine teilentgeltliche Zuwendung, deren Wert im Wege einer Verhältnisrechnung zu ermitteln ist.[837] Das Gleiche gilt, wenn von der Stiftung in rechtlichem Zusammenhang mit der Zustiftung Abstands- oder Ausgleichszahlungen zu erbringen sind.[838]

 

Rz. 546

In persönlicher Hinsicht reicht es zur Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht aus, wenn entweder der Stifter als Erblasser bzw. Schenker oder die empfangende Stiftung als Erwerberin im Inland Wohnsitz (§ 8 AO), gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) oder Sitz (§ 11 AO) haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht hat zur Folge, dass der gesamte Vermögensanfall der Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung unterworfen wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Aufgrund der weit gefassten Regelung macht es keinen Unterschied, ob ein im Inland ansässiger Stifter einer inländischen oder ausländischen Stiftung Vermögen zuwendet. Auch der Erwerb einer im Inland ansässigen Stiftung durch einen ausländischen Stifter unterliegt der unbeschränkten Steuerpflicht in gleichem Maße.

 

Rz. 547

Der BFH hat geklärt, dass kein Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG vorliegt, wenn dem Übertragenden nach der Übertragung von Vermögen auf eine Stiftung noch umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Stiftungsvermögen verbleiben.[839]

 
Hinweis

Der entschiedene Fall betraf die Vermögensübertragung auf eine liechtensteinische Stiftung, in der dem Stifter weitreichende Weisungsbefugnisse gegenüber dem Verwaltungsorgan verblieben waren. Auf deutsche Stiftungen dürfte die Rechtsprechung in der Regel nicht übertragbar sein: Selbst wenn der Stifter im Einzelfall einmal alleiniges Organ der Stiftung ist, handelt es sich bei der rechtsfähigen Stiftung doch eindeutig um eine eigenständige juristische Person. Umfassende Herrschaftsbefugnisse des Stifters dürften auch deshalb ausgeschlossen sein, weil deren Betätigung, Umstrukturierung und Auflösung der Stiftungsaufsicht unterliegen.[840]

[830] So Wallenhorst/Halaczinsky, Rn. 311.
[831] Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, Rn. 1249; Schuck, in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz (Hrsg.), § 7 ErbStG Rn. 149.
[832] Wallenhorst/Halaczinsky, Rn. 313.
[833] Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, Rn. 1257; vgl. auch Schuck, in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz (Hrsg.), § 7 ErbStG Rn. 150.
[834] Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, Rn. 1258.
[835] Gebel, a. a. O.
[836] Gebel, a. a. O.
[837] Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, Rn. 1259.
[838] Gebel, a. a. O.

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