Rz. 463

Grundsätzlich müssen die Voraussetzungen der Steuervergünstigung bei einer Körperschaft entweder bei Entstehung der Steuer (z. B. Schenkung- oder Erbschaftsteuer) oder bei zeitraumbezogenen Steuern (z. B. Körperschaft- oder Gewerbesteuer) im jeweiligen Zeitraum vorliegen.

 

Rz. 464

Hinsichtlich der formellen Satzungsmäßigkeit gelten grundsätzlich dieselben Voraussetzungen (vgl. § 60 Abs. 2 AO). Maßgeblicher Zeitpunkt ist daher der Zeitpunkt des Erwerbs bei Erbschaft- oder Schenkungsteuer (§ 9 ErbStG), der Beginn des Kalenderjahres bei der Grundsteuer (§ 9 Abs. 2 GrStG) oder das Ende des Voranmeldungszeitraums bei der Umsatzsteuer (§ 13 UStG). Bei der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer müssen die satzungsmäßigen Voraussetzungen vom Beginn bis zum Ende des Veranlagungszeitraums vorliegen.[673] Die satzungsmäßigen Voraussetzungen können neuerdings durch den Feststellungsbescheid gem. § 60a AO n. F. bindend für alle Steuerarten festgestellt werden.

 

Rz. 465

Für die Körperschaft- und Gewerbesteuer (§ 31 KStG, 25 EStG, § 14 Satz 2 GewStG) entfällt die Steuerbegünstigung für den ganzen Veranlagungszeitraum, also ggf. auch rückwirkend, wenn Satzung oder tatsächliche Geschäftsführung die Anforderungen an die Steuervergünstigung auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt während dieses Zeitraums verletzen. Entsprechend bewirkt eine korrigierende Satzungsänderung oder korrekte Wiederaufnahme der tatsächlichen Geschäftsführung erst ab Beginn des folgenden Veranlagungszeitraums die Vorteile der Steuerbegünstigung. Dabei ist auf die Rechtswirksamkeit der Satzungsänderung abzustellen. Bei der rechtsfähigen Stiftung muss daher die Genehmigung durch die Stiftungsbehörde vorliegen.[674]

 

Beispiel:[675]

Unterjähriger Verlust der Gemeinnützigkeit

Eine gemeinnützige Stiftungs-GmbH ändert am 1.7. des Jahres 01 in steuerschädlicher Weise ihre Satzungsbestimmungen über die Mittelverwendung. Am 1.1. des Jahres 01 hatte sie eine Zuwendung in Form einer Zustiftung erhalten. Die Körperschaft machte Steuerbegünstigungen hinsichtlich der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie – für die Erträge aus der Anlage der Zuwendung – Körperschaftsteuer geltend. Innerhalb der Festsetzungsfrist ergehen Erbschaft-, Körperschaft- und eventuell Gewerbesteuerbescheide zur Besteuerung der Zuwendung sowie ihrer Erträge. Die Körperschaft fragt sich, ob dies zu Recht geschah.

Da es für die Steuerbegünstigungen auf das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen im jeweils relevanten Zeitpunkt (s. Rn. 463 ff.) ankommt, erging der Erbschaftsteuerbescheid rechtswidrig. Im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) lagen die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung noch vor. Die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide sind jedoch rechtmäßig ergangen, da die Steuerfreiheit nicht erst zum Zeitpunkt des Verstoßes, sondern für den gesamten Veranlagungszeitraum entfallen ist.

[674] Vgl. Rn. 443.
[675] Beispielsfall nach Pöllath/Richter, in Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Stiftungsrechts-Handbuch, § 43 Rn. 97.

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